Das Telefonbuch wird 130 Jahre alt. Und noch immer nutzen es 80 Prozent der Deutschen

Es ist 130 Jahre alt, erscheint allein hierzulande Jahr für Jahr in 30 Millionen Exemplaren und ist, man darf es sagen, ein Stück Weltliteratur. Das Telefonbuch. Wo finden sich auf engstem Raum Brecht und Goethe, Heine und Kleist, Mann und Schiller? Irgendwo von A bis Z hinter Müller (deutschlandweit 267 575 Treffer), Schmidt (197 200) und Schneider (119 091).

Am 14. Juli 1881 erschien in Berlin das "Verzeichniss der bei der Fernsprecheinrichtung Betheiligten" mit 187 Namen, das erste deutsche Telefonbuch, das Technikhasser als "Schwindel aus Amerika" beschimpften. Damals stand übrigens keine Frau im Verzeichnis. Was es für die zwischenmenschlichen Beziehungen bedeutet hätte, wenn das so geblieben wäre, ist eine andere Geschichte.

Alljährlich im Frühjahr warten die eingeschweißten Ziegelsteine aus Telefonbuch und gelben Seiten in turmhohen Stapeln darauf, nach Hause gewuchtet zu werden. Wer jetzt denkt, für Telefonbücher müssten sinnlos Wälder abgeholzt werden, der irrt. Trotz Internet, iPhone-Apps und CD-ROM blättern 80 Prozent der Deutschen lieber im gedruckten Telefonbuch, wenn sie einen Facharzt für Phlebologie, ein ayurvedisches Restaurant oder einen Spezialisten für Duschkabinendichtungen suchen. Von der segensreichen Weiterverwendung ganz zu schweigen: als Podest für kleinwüchsige Politiker, Unterlage zum Reifenwechsel, praktisches Wurfgeschoss für die Ehefrau. Amerikanische Senatoren lesen schon mal aus dem Telefonbuch vor, wenn sie Debatten verzögern wollen. Und wer sich für einen Seewolf hält, zerreißt das Ding einfach.

Noch ein Tipp: Sollte nach 130 Jahren mal ein wenig Abwechslung gewünscht sein, könnten die Einträge nach Vornamen sortiert werden. Diesen Spaß gönnen sich die Isländer.