Wer mit einem Moppel isst, wird bald selber einer. Englische Studie zeigt: Die Lust auf Fettes und Süßes steckt an

Dicke werden ja immer wieder für alles Mögliche verantwortlich gemacht. Ihretwegen steigt der Meeresspiegel, ihr Gewicht lässt die Züge der Deutschen Bahn zu spät kommen, sie sind der Grund für durchgesessene Pferderücken. Hungersnöte in Afrika oder Augenschmerzen bei Mitbürgern sollen ebenfalls auf ihr Konto gehen. Und war es nicht der Anblick eines Dicken, der Marius Müller-Westernhagen nötigte, die Welt mit einem Lied über Adipöse zu bestrafen? Kurzum: Moppel bringen alle in Gefahr.

Doch wie das Wissensmagazin für Männer, die "Men's Health", berichtet, ist alles noch viel schlimmer. Neuerdings regen Dicke nämlich auch den Appetit ihrer Mit-Esser an. Mit ihnen am Tisch kann man eine Diät getrost vergessen, wie eine Untersuchung der britischen Leeds School of Business ergeben hat. Allein das gemeinsame Dinieren mit Übergewichtigen erhöht die Chance, selbst fettleibig zu werden. Jedenfalls langten die Versuchshungerhaken doppelt so häufig in die Bonbon- und Kekskiste, wenn sie beim Schmausen eines Schmerbäuchigen ansichtig wurden. Angeblich hängt dieses Phänomen mit psychologischer Entlastung zusammen. Soll heißen, die eigenen Schwarten erscheinen im Beisein Dicker weniger dramatisch - ebenso das Verlangen abzunehmen.

Ging jahrelang die Mär, die Übergewichtigen hätten ihre stattlichen Körper aus purem Eigennutz maßlos erworben, freudlos geformt und reglos verwaltet, muss dieses Vorurteil nun revidiert werden. Spätrömisch-dekadent Beleibte futtern mitnichten egoistisch für den eigenen Insulinspiegel. Sie tun es für uns alle. Sie stoppen den Magerwahn im Modelbusiness und sorgen für einen gesegneten Appetit in schlecht laufenden Restaurants.

Vielleicht ist also doch etwas dran an der großzügigen Umdeutung der Adipositas durch Kurt Tucholsky. Der ließ für die Nachwelt stehen: "Dick sein ist keine physiologische Eigenschaft - das ist eine Weltanschauung."