Dagegen sein ist erlaubt. Millionen Briten flüchten vor der Hochzeit des Jahres. Und wir?

Wenn William und Kate heiraten, besteht für jeden einzelnen Briten Anwesenheitspflicht, hatten wir geglaubt; oder zumindest Rufbereitschaft. Aber jetzt erreicht uns aus London eine ganz andere Kunde: Millionen Briten flüchten. Sind am 29. April schlicht nicht da, sondern verreist. Die Hochzeit liegt so günstig zwischen Osterwochenende und Maifeiertag, dass man in der Woche nur drei Urlaubstage nehmen muss, um elf freie Tage am Stück zu haben. Und da sagen sich unzählige clevere britische Arbeitnehmer: Miss me, Kate.

Ich gestehe, das geht mir runter wie Öl. Zwar lässt sich aus dem Weg-Sein nicht ableiten, dass alle Hochzeitsflüchter stramme Antimonarchisten sind. Aber offenbar gibt es auch in Großbritannien beruhigend viele Skeptiker, die sich wie ich fragen, wozu der Hochzeits-Vermarktungsrummel eigentlich gut ist. Warum soll man aus 25-Pfund-Tassen mit Goldrand und Kate-&-Willie-Foto trinken, wenn gleichzeitig Tausenden im Land die Pension gekürzt, die Heizung abgestellt, die Studiengebühr erhöht wird? Großbritannien produziert zwar entsetzlichen Royalty-Kitsch, aber es ist auch das Homeland aller Exzentriker. Dagegen sein ist erlaubt. In London, in Bristol und in der englischen Provinz finden "Not the Royal Wedding"-Straßenfeste, Anti-Wedding-Camps und "Alternative Königliche Hochzeitspartys" statt, in einer Londoner Kunstgalerie gibt es sogar Kate-und-William-Tüten für plötzliche Anfälle von Übelkeit.

Und hier? Wenn man in London hochzeitslos glücklich sein darf, warum dann nicht auch in Hamburg oder Lüneburg? Ich schlage ein großes Anti-Wedding-Festival an der Elbe vor. Mit den 13 schlechtesten Filmen über englische Könige/innen und einem Corgie-Schönheitswettbewerb. Wahrscheinlich gibt es Millionen Briten, die dafür sofort nach Hamburg kämen.