Auch in Neuseeland macht klassische Musik zwielichtigen Gestalten das Leben zur Hölle.

Der Mensch, schlau, wie er ist, kann mit ein und derselben Sache eine Menge sehr unterschiedlicher Dinge anstellen. Wasser zum Beispiel kann er trinken, ja, er sollte es sogar, sonst ist er sehr bald mausetot. Er kann Wasser aber auch, wie gerade wieder in und um Gorleben geschehen, in Tanks panzerförmiger Polizeifahrzeuge füllen und damit gezielt und unter großem Druck Leute sehr nass, sehr unschädlich und sehr wütend machen. Mit der Musik ist es nicht anders. Dem einen ist sie sein liebstes Rauschmittel, dem anderen sein bestes Rauschmittelvertreibervertreibungsmittel.

So brüstet sich das Management des Einkaufszentrums von Christchurch in Neuseeland, mithilfe des beharrlichen Einsatzes klassischer Musik die Kriminalitätsrate auf seinem Terrain drastisch gesenkt zu haben. Seit anderthalb Jahren müssen die Kunden dort rund um die Uhr Klassik hören.

Entnervt meiden seither nahezu alle üblen Subjekte die Gegend. Den Sicherheitsleuten, die im Oktober 2008 noch 77-mal pro Woche hatten ausrücken müssen, ist schon ganz langweilig, weil seit der gefiedelten Zwangsbeschallung aus den Lautsprechern so gut wie nichts mehr passiert - ganze zwo Einsätze pro Woche meldet das Lokalblatt "The Press" pro Oktoberwoche 2010. Drogen- und Alkoholdelikte gingen auf null, auch die zur Renitenz neigende Kundschaft (Oktober 2008: 35 Fälle) verdünnisierte sich komplett.

Ein Rezept, das anscheinend global funktioniert, denn auch am Hamburger Hauptbahnhof machen Mozart, Vivaldi & Co. Drogendealern schon lange Beine. Nur was ist es, das so entsetzlich abtörnt bei Mozart? Die perfekte Balance aus Spannung und Harmonie? Die pure Schönheit? Immerhin: Kühe goutieren seine Kunst bedingungslos. Werden sie mit Mozart-Arien dauerbeschallt, schwellen nachweislich ihre Euter.