Nobelpreise fürs Weglassen! Wenn die Uhren anders ticken als Menschen, wer muss sich dann umstellen?

Jetzt ist es Sonnabend - aber eigentlich ist es ...

Ging es Ihnen diese Woche auch so, dass Sie der Uhr nicht glaubten, weil Sie anders fühlten? Eigentlich schlief man, wurde aber wach, und umgekehrt. Dafür war es kurz nach Mittag schon wieder zappenduster. Verrückt, wie einen so eine Stunde innerlich verrücken kann.

Die schönste Frage, die mir als Arzt gestellt wurde: Was passiert eigentlich mit der Morgenlatte, wenn man über verschiedene Zeitzonen fliegt? Tja, Jetsetter haben eigene Sorgen. Leider gibt es dazu keine Studien, kommt also auf einen Selbstversuch an.

Viele Daten dagegen sprechen dafür, die Zeitumstellerei sein zu lassen. Warum macht man es nicht? Weil es immer schon so war? Nein, die Sommerzeit wurde 1977 in der EU eingeführt, und zack - keine 17 Jahre später bereits vereinheitlicht. Sie wieder abzuschaffen geht psychologisch nicht, weil man es seinerzeit für Fortschritt gehalten hat. Obwohl die Politiker und Sachverständigen von damals kaum mehr etwas zu sagen haben dürften, steckt dahinter ein Prinzip: Etwas Unsinniges abzuschaffen bringt wenig Anerkennung. Preise werden erzielt für "Innovationen", Medikamentenpreise auch. Für die Wiederherstellung eines guten ursprünglichen Zustandes gibt es nur Spott. Die Medizingeschichte ist voller Beispiele, wie neue Behandlungen als Fortschritt gefeiert wurden und Jahre später bei kritischer Betrachtung offenbar wurde: Operation gelungen, Patient tot. Konkret bestand die Behandlung des Schlaganfalls jahrzehntelang darin, dem Patienten Infusionen zur Blutverdünnung zu geben, mit der Idee, dass damit auch das lädierte Hirn besser durchblutet würde.

Ein Neurologe, der wagte, dieses Dogma anzuzweifeln, war Prof. Rüdiger von Kummer. Sein Verdacht: Die Verdünnung erreicht genau das Gegenteil - noch weniger Sauerstoff erreicht das Krisengebiet. Er wurde daraufhin von den Kongressen ausgeladen, weil diese maßgeblich von den Herstellern der Infusionen gesponsert wurden. Dank seiner beharrlichen Gegenbeweise wurden inzwischen die schädlichen Infusionen stillschweigend abgeschafft, was Tausenden von Patienten Leben und Hirn gerettet hat und den Kassen Millionen spart. Gedankt hat es ihm niemand.

Deshalb hier eine Kolumne auf ihn und alle Weltverbesserer durch Weglassen! Ich fordere einen Nobelpreis für den besten Abschaffer von Gefährlichem und Überflüssigem. Seien es Medikamente, Gesetze oder Atomkraftwerke.

Rückbau ist Fortschritt! Das ist nicht zukunftsfeindlich - im Gegenteil. Im bösen Medizinroman "The House of God" heißt es: "The Art of Medicine is to do as much Nothing as possible." Vielleicht gilt das auch für die Politik.