Technik zum Abstauben. Eine neue App macht Fotohandys zu Umweltsensoren und uns zu einem Hans-Klick-in-die-Luft.

Die häufigste Frage von Kindern an "Die Sendung mit der Maus" lautet: "Warum ist der Himmel blau?" Erwachsene tun sich schwer mit der Antwort, und erst recht mit der Frage: "Warum ist der Himmel so oft nicht blau, sondern grau und diesig - und ist das alles noch gesund?"

Feinstaub und Abgase belasten die Luft und können besonders in Großstädten gefährliche Konzentrationen erreichen. Wer die Qualität seiner Atemluft wissen will, braucht in Zukunft nur zu seinem Smartphone zu greifen. Amerikanische Wissenschaftler programmierten die Gratis-App, das über ein schnell geschossenes Foto vom Himmel den Grad der Luftverschmutzung analysiert. Je mehr Dreck in den Sphären über einem schwebt, desto weniger klar wird das Bild. So kann man dann aus den Pixeln wieder auf die Partikel schließen. Sameera Poduri und Kollegen an der University of South California in Los Angeles bieten dieses Programm "Visibility" zum kostenlosen Download an, noch nicht für alle Betriebssysteme, aber eine iPhone-App soll in Kürze folgen (http://robotics. usc.edu/~mobilesensing/Projects/AirVisibilityMonitoring).

Der Bewegungssensor führt den Hobby-Meteorologen zum richtigen Aufnahmewinkel, das GPS fügt den genauen Standort dazu, und dann landet das Himmelsfoto auf einem zentralen Rechner. Der wertet die Aufnahme aus und sendet dem Nutzer eine Schätzung der in der Luft enthaltenen Staubanteile zurück. Testläufe zeigten eine gute Übereinstimmung mit fest installierten Staubsensoren. Wenn das viele regelmäßig nutzen, können die Forscher mit diesen Daten lokale Analysen von Luftschadstoffen und Wettervorhersagen für einzelne Stadtviertel möglich machen. Wer weiß, wenn viele ihre Fotos verwackeln, löst die Software womöglich gleich Smogalarm aus.

Die spannendste Frage aber: Welche Konsequenz hat es, wenn ich weiß, dass die Luft, die ich atme, dreckig ist? Umziehen, alle Fenster am Computer und der Wohnung schließen? Luft anhalten? Das ist wie das Dilemma mit dem Warnhinweisschild "Steinschlag". Fahre ich jetzt langsamer, weil ich nicht in einen Felsbrocken auf der Straße hineinfahren will, oder gerade schneller, damit mich der Stein gar nicht trifft? Schmutzpartikeln ist so schwer auszuweichen. Bei der Atemluft sind wir alle "User". Und vor dem Dreck alle gleich.

Als ich Kind war, gab es "Berliner Luft" in Dosen zu kaufen und noch keine Smartphones. Und wenn man was für umsonst bekam, hieß das etwas "abstauben". Was es heute umsonst gibt: eine Staub-App. Früher schaute man gen Himmel, um zu wissen, wie das Wetter wird. Heute macht man ein Foto vom Himmel und schaut dann auf den Monitor. Das ist Fortschritt. Und richtiger Fortschritt ist: wenn der Himmel einfach wieder blau ist.