Die Generation 50 plus liest am liebsten Texte über die missratene Jugend, ergab eine Studie.

"Die Jugend hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten sollte." Klingt frisch? Ist aber ein über 2000 Jahre alter Verriss, zugeschrieben dem großen Sokrates. Oder besser: Das Zitat wird ihm in den Mund gelegt. Denn von Sokrates ist nichts Schriftliches bekannt, dafür jede Menge guter Sprüche.

Wer Sokrates' böses Wort über die Jugend bis zum verbitterten Ende gelesen und dabei noch genickt hat, könnte zur Altersgruppe 50 plus gehören. Das wäre dann die Bestätigung einer Studie, die sich junge Leute ausgedacht haben.

Danach wollen Ältere nur ihre Vorurteile über "die Jugend" bestätigt sehen, wenn sie in Zeitungen und Zeitschriften blättern. Deshalb bleiben sie stets an Geschichten über die "schlechte Jugend" hängen. 276 jüngeren (18 bis 30 Jahre) und älteren Versuchsteilnehmern (50 bis 65 Jahre) wurden angeblich brandneue Berichte zum Testlesen am Computerschirm präsentiert. Die Forscher sahen zu, wer was liest.

Die Älteren wählten verdächtig oft Texte, in denen junge Leute schlecht wegkamen. Bei ihrer eigenen Altersgruppe war ihnen die positive oder negative Darstellung egal. Die jüngeren Leser dagegen interessierten sich gar nicht für Artikel über Ältere.

Das Ergebnis der Wissenschaftler der Universitäten Friedrichshafen und Ohio ist im "Journal of Communication" nachzulesen. Bevor Sie grübeln, welche Altersgruppe sich diese Lektüre jetzt wieder antun soll, hier schnell die Begründungen der Forscher. Berichte über die missratene Jugend heben das Selbstvertrauen der Alten, folgern sie.

Oder schauen sie nur sehnsüchtig zurück? Das gäbe dem englischen Arzt und Autor William Somerset Maugham (1874-1965) recht. Seine Sicht: "Im Alter bereut man vor allem die Sünden, die man nicht begangen hat."