Hirnlos, aber sozial. Was wir uns von den Kokken abgucken können, ist bessere Kommunikation im Krankenhaus.

Drei Lebensformen kämpfen im Krankenhaus ums Überleben: die Patienten, das Personal und die Bakterien.

Die erfolgreichsten sind leider die Bakterien. Der Versuch, sie zu töten, endet oft wie die Geschichte von Hase und Igel. Sie sind immer schneller, irgendwie tricksen die kleinen Biester auch das neueste und beste Antibiotikum aus. Auf die Entdeckung des Penicillins war ich immer ein bisschen neidisch, geht doch die Legende, dass Sir Alexander Flemming sein Labor für mehrere Tage unaufgeräumt verließ, und bei seiner Rückkehr waren alle Bakterienkulturen verschimmelt. Rund um den Schimmel wuchsen die Bakterien schlechter, Heureka, es musste also eine Substanz geben, die ihnen die Laune verdorben hatte. Zu meiner Zeit in einer Studenten-WG haben wir in der Küche oft dieses Experiment nachgestellt. Ohne für unsere Schimmelkulturen jemals den Nobelpreis zu bekommen.

Dafür dringt jetzt eine wissenschaftliche Sensation ans Tageslicht: Die Bakterien sind deshalb so schwer zu bekämpfen, weil sie sich heimlich abstimmen. (Lee, H.H. et al.: Bacterial charity work leads to population-wide resistance. In: "Nature" 2010). Die Forscher traktierten E.coli mit steigenden Dosen Antibiotika. Wie erwartet, entwickelte die Kolonie eine zunehmende Resistenz. Aber erstmals ließen sich die Bakterien erwischen, wie sie miteinander kommunizieren. Denn gerade die härtesten unter ihnen nehmen die Bürde auf sich, einen Warnstoff zu produzieren, der sie schwächt, aber den anderen nützt. Sie produzieren das kleine Molekül Indol, das der Kolonie signalisiert: Achtung, da kommt ein Gift, Pumpen einschalten und Schutzmechanismen aktivieren!

Dass sich die Starken nicht einfach selber blind durchsetzen, sondern sich für die Schwachen einsetzen, so viel Sinn fürs Soziale hatte man den hirnlosen Kügelchen nicht zugetraut. Diese Entdeckung könnte helfen, wieder neue Antibiotika zu entwickeln. Und sie könnte uns Menschen darüber nachdenken lassen, wie wir unsere Kommunikation untereinander im Kampf mit den Keimen verbessern können.

Denn die Ironie der Geschichte ist, dass genau die Leute, die einem im Krankenhaus helfen sollen, gleichzeitig die fiesesten Keime mit sich schleppen. Und die werden mit jedem Handschlag weitergegeben. Gerade bei Privatpatienten ist der Chefarzt bemüht, mit einem kräftigen Händeschütteln seine Kompetenz zu beweisen. Gesünder und kompetenter für alle: ein freundliches Zuwinken. Ärzte sind wohl die einzige Berufsgruppe, die durch Händewaschen Leben retten kann. Erinnern Sie sie dran. Auch wenn es erst mal nicht so heldenhaft rüberkommt.