Die Briten entdecken das deutsche Bauherrenmodell für Urlaubsfestungen am Strand. Ein gewitztes britisches Unternehmen bietet einen Kursus im Sandburgenbauen an.

Am Anfang stand der Sozialneid. Als die alten Rittersleut sich prächtige Burgen bauten, um nicht immer beim Essen gestört zu werden, wollte das einfache Volk partout auch welche haben. Doch das scheiterte in der Regel an zu hohen Baukosten. Aber als dann schon 1000 Jahre später tarifliche Urlaubsregelungen erfunden wurden, kamen die Deutschen auf eine geniale Lösung: die eigene Sandburg am Strand. Nun konnte sich Papa fühlen wie der Graf von Katzenelnbogen. Und auch Mama war begeistert - sofern die lieben Kleinen sich abends erinnerten, wo sie sie morgens eingegraben hatten. Urlaub ist eben die Fortsetzung des Familienlebens unter erschwerten Bedingungen.

Die Briten, die im Urlaub bis dato eher gern Gummistiefel werfen und Schafsinnereien verzehren, verfolgen dieses teutonische Bauherrenmodell mit steifer Oberlippe. Doch spätestens nach der Fußball-WM sind die Insulaner auf der fieberhaften Suche nach den erfolgsstiftenden Traditionen der Deutschen. Daher bietet nun ein gewitztes britisches Unternehmen einen Kursus im Sandburgenbauen an, geleitet von einem professionellen Sandburgenbauer. Eine Karriere, auf Sand gebaut, sozusagen. Hier lernen geneigte Briten alles über die richtige Herstellungsweise der Urlaubsfestung - inklusive bestes Mischungsverhältnis von Wasser und Sand. Das ist doch Entspannung pur!

An britischen Küsten gern bei 30 Grad. Fünfzehn am Sonnabend und fünfzehn am Sonntag. Na ja, in wärmeren Gefilden heißt es dafür: Wer rastet, der röstet. Übrigens: Keine Angst vor giftigen Quallen oder Tintenfischen beim Baden und Burgenbauen in Australien - die Haie fressen alles weg.

Und während der eine oder andere Ort in Italien den Sandburgenbau gerade streng verboten hat und widrigenfalls hohe Geldbußen von Touristen kassiert - natürlich nur aus Sorge um makellose Strände -, ist die liebe Tradition in Deutschland freiwillig auf dem Rückzug. Offenbar möchte Papa in Zeiten von Fotohandy, Facebook und Twitter nicht mit Bäuchlein, Eimerchen und Schäufelchen im Internet kursieren.