Wenn schon den Chef beleidigen, dann bitte ganz Platt. Ein Kündigungsurteil aus der Hansestadt Hamburg.

Das vorweg: Mein Chef ist ein sehr zuvorkommender, freundlicher Mensch, der immer ein offenes Ohr für seine Mitarbeiter hat, nie Arbeit auf andere abwälzt, immer pünktlich und allen ein Vorbild ist. Das nur fürs Protokoll.

In Wirklichkeit mögen wir den Menschen, mit dem wir mehr Zeit verbringen als mit unserem Lebenspartner, natürlich nur auf Weihnachtsfeiern, Betriebsausflügen oder bei gemeinsamen Fahrstuhlfahrten. Denn wenn unser Chef mal wieder unleidlich in höheren Sphären schwebt, halten wir ihn schon mal für einen - jetzt vorsichtshalber in Plattdeutsch - Dösbaddel, Heiopei oder Tuffelkopp.

Sollten Sie das jetzt als Beleidigung empfinden, täuschen Sie sich. Da gibt es einen Präzedenzfall. Ein Sachbearbeiter hatte sich mit seiner Vorgesetzten über einen Urlaubstermin gezankt. Als das Gespräch irgendwie festgefahren war, knurrte der Mann: "Klei mi ann Mors." Die Chefin fühlte sich an das Götz-Zitat erinnert, sah sich ungebührlich beleidigt - und wies ihrem Mitarbeiter fristlos die Tür.

Falsch, meint das Arbeitsgericht Hamburg. Der plattdeutsche Ausspruch, der so viel wie "Kratz mich am Hintern" bedeutet, sei zwar ungehörig, besonders einer Frau gegenüber, rechtfertige aber keine Entlassung. Der "Mors"-Rufer muss weiterbeschäftigt werden. Mit jemandem Platt sprechen ist eben etwas anderes als jemanden plattmachen. In der Sprache von Klaus Groth und Fritz Reuter hört sich auch eine Beschimpfung noch niedlich an.

Egal ob Bahnchef, Teamchef oder Regierungschef - wenn sich Ihr Chef wieder als jemand herausstellt, "der die anderen unendlich nötig hat" (Antoine de Saint-Exupéry), atmen Sie tief durch. Nennen Sie ihn (oder sie natürlich) niederdeutsch Baas , dann darf er auch gleich 'n büschen breesig sein.