Wissenschaftler wollen die schwebenden Wassermassen im großen Stil melken und abfüllen

Wer gern nüchtern und klar in die Ferne blickt, sollte sich nicht überstürzt dem Küstennebel hingeben. Und wer den in Flaschen füllen will, muss nicht mal betrunken sein. Vielleicht ist er nur einer der 140 Nebel- und Tauforscher, die sich am Wochenende ins Ungewisse eines internationalen Treffens im westfälischen Münster stürzen.

Ein wichtiges Thema des Kongresses: Die Wissenschaftler wollen Nebel im großen Stil abfüllen, sortenrein als trinkbares Wasser. Eine Methode, die hierzulande abwegig ist, aber an den Küsten von Chile, Peru oder Eritrea ein Segen wäre. Denn dort lechzen Land und Leute auf knochentrockenem Grund nach natürlichem Nass. Wer will schon verdursten, wenn ihm die Wassertröpfchen vor der Nase hängen?

Nichts anderes ist der Nebel: verirrte Wolken reinsten Wassers. Die wollen die Wissenschaftler anzapfen oder "melken".

Natürlich hat Küstennebel was mit Prozenten zu tun. Denn er entsteht ja erst, wenn die relative Luftfeuchte zu 100 Prozent ausgeschöpft ist und die Luft nicht mehr weiß, wohin mit dem gasförmigen Wasser. Ist sie mit Feuchtigkeit gesättigt und die Temperatur kühlt ab, muss das H2O unters Volk: Dann wabert es, bei uns typischerweise im Herbst. Manchmal schleppt der Nebel auch Unrat in Form schädlicher Schwefelstoffe mit sich, wenn er sich zum Beispiel mit dem Dreck aus Industrieschloten mischt. Deshalb wollen die Wissenschaftler auch alles über den Nebel wissen und planen Vorhersagen per Satelliten-Fernerkundung.

Im Dschungel von Taiwan ist solche Hightech-Technik überflüssig wie Weichzeichner bei Nebel. Denn dort in den Subtropen nebelt es an 300 Tagen im Jahr, ein Nebelforscher-Dorado. Da kann selbst die alte Nebeltante Themse neidisch werden.

Bei ihr in London hat der Nebel übrigens deutlich nachgelassen, seit die Edgar-Wallace-Krimis nicht mehr in Schwarz-Weiß gedreht werden. Manche vermuten, das liege am geringeren Schadstoffausstoß. Doch die wahren Gründe liegen im Nebel.