Kalte Revolution im Ersten: Über die spektakuläre Rückkehr des RTL-Moderators Günther Jauch zur ARD und deren Konsequenzen.

Es war die Spitzenmeldung des Tages, ja der Woche, und sie platzte wie eine Bombe. Die ARD hatte sie höchstselbst als Spitzennachricht diverser "Tagesschau"-Sendungen gezündet, mit der Unerschrockenheit eines Selbstmordattentäters, der um der Sache willen eigene Opfer nicht scheut. Günther Jauch, bisher Millionärsberater bei RTL, übernimmt den Sonntagabend-Talk im Ersten.

Begeisterung und Entsetzen beherrschten die Welt der News, noch vor der BP-Katastrophe, vor der Meldung, dass Angela Merkel fast, aber wirklich nur fast ihrem Wirtschaftsminister in die Opel-Parade gefahren wäre. Vergessen war auch Gauck, der im Vorfeld der Bundespräsidentenwahl zum Lieblingskandidaten (gleich nach Lena und Schweini) der Deutschen avancierte, vergessen die verpatzte Finanzreform, als die FDP sich mutig bis zur Selbstvernichtung vor ihre betuchte Klientel geworfen hatte, vergessen auch "Gurkentruppe" und "Wildsau"; Wehrpflicht oder nicht - die Topnews war und blieb Jauch, Günther Jauch. Dem die ARD in staatsstreichartiger Geschwindigkeit den Sonntag erobert und besetzt hatte - und das hinter dem Rücken von Anne Will (die nicht nur so heißt), die, obwohl Frau im Urlaub (!), hinterrücks und heimtückisch erwischt wurde und nun wochentags ihrem Talk frönen muss.

Wochentags! Und Plasberg, der werktags bleibt, wird auf später verschoben. Dort, wo Harald Schmidt auf noch später verschoben wird! Aber der redet ja meist nur mit sich selbst! Das alles ist eine kalte Revolution, von oben! Populistisch und quotenspekulativ bis zum Gehtnichtmehr! "The medium is the message!" McLuhans Revolutionsruf (übersetzt: Alle Macht den Fernsehräten!) wird mit Brachialgewalt und Schwertstreich durchgesetzt.

Künftig dürfen auch A-Kategorie-Gäste wie Minister, Kanzler und Ex-Kanzler sowie Heiner Geißler, Gregor Gysi, Oskar Lafontaine, Hans-Ulrich Jörges wegen Inflationsgefahr per Gesetz nur noch Sonntagabend ins Fernsehen. Jürgen Trittin darf, wenn er einen Bundespräsidenten mit einem Lübke-Vergleich zu Tode mobbt und basht, außerdem noch zu Plasberg. Aber nur 14-täglich! Ziel der Neuregelung: Sollten bei der Bundespräsidentenwahl weder Wulff noch Gauck im ersten Wahlgang gewinnen, übernimmt Jauch bis 2011 selbst das Amt - aber nur wenn er die Sozialsendung "Wer wird Millionär?" beibehält. Wie schlagzeilte die "Welt" doch so richtig: "Jauch, der Präsident der Herzen!".