Die geheime Botschaft der Parteien - eine neurologische Analyse der Wahlplakate im Norden

Anna Nicole Smith brachte es im deutschen Versicherungswesen zu einiger Berühmtheit - und nicht nur dort: Als sich das Model für einen schwedischen Klamottenkonzern bis auf die Unterwäsche auszog und sich auf Plakatwänden und an Bushaltestellen rekelte, soll es zu spürbar mehr Unfällen in der Umgebung gekommen sein.

Werbung wirkt - oft allerdings anders als geplant. Besichtigen lässt sich das dieser Tage in Schleswig-Holstein. Der Norden präsentiert sich zuplakatiert wie selten, allerdings nicht mit Fotomodels, sondern mit Volksvertretern und solchen, die es werden wollen. Diese angezogenen Herrschaften wollen keine Kunden ködern, sie wollen nur Ihr Kreuz. So einfach ihre Botschaft ist, so missverständlich sind einige Plakate. Zumindest kommt die Bremer Markenagentur Red Pepper zu diesem Ergebnis, die mit einem "Neuromarketing-Tool" die Wahlplakate in ihrer Wirkung untersucht hat. Offenbar bestimmt der Schein das Unterbewusstsein - und verwirrt die Wähler.

Und nu?, wird der Leser fragen und sich dabei an die grotesken CDU-Plakate des letzten Hamburger Wahlkampfs erinnern. Damals hatte der Slogan "Und nu?" zuerst die Wähler und dann am Wahlabend die gesamte Union ratlos zurückgelassen. So könnte es am 6. Mai auch dem Oberliberalen Wolfgang Kubicki gehen, glaubt man den Marketingneurologen. Denn die FDP wirbt mit "Wählen Sie doch, was Sie wollen." Klingt liberal, ist aber doof. Die Wähler verstehen nur: "Mir doch egal, macht, was ihr wollt". Kaum besser wird das Gütesiegel des SSW ("verstaubt") bewertet, die Piraten-Plakate sind "überladen und ermüdend", CDU-Kandidat Jost de Jager wirkt auf den Werbewänden "einsam", SPD-Mann Torsten Albig zu leise und zurückhaltend.

Das Fazit von Red Pepper: "Für die Parteien reicht es also nicht aus, nur darauf zu achten, was sie aussagen. Ein sehr wichtiger Teil unseres Gehirns interessiert sich viel mehr dafür, wie diese Inhalte kommuniziert werden." Das allerdings, dachten wir, sei seit Anna Nicole Smith hinlänglich bekannt.