Der Bildungsschatz im Silbersee - Karl May soll Pflichtlektüre an deutschen Schulen werden

"Kanon" ist eines der wichtigsten Worte der deutschen Bildungsgeschichte. Die Unesco wollte es bereits zum Weltkulturerbe erklären, noch bevor es jemand beantragt hat. Aber wer setzt sich schon für Wörter ein, außer sie heißen Google, Apple oder voll krass, ey? Kanon also. Kann der Hauptteil der katholischen Messe sein, ein hübsch anschwellender Chorgesang mit abgestuftem Beginn oder das, worauf sich viele geeinigt haben.

Der Bildungskanon zum Beispiel. Was alle wissen müssen. Manche Schüler dagegen halten Kanon für die russische Abkürzung von Kanone, andere für die ungelenke Übersetzung des englischen Canyon. Und da sind wir bei Karl May, dem Erfinder von Winnetou und Bad Segeberger Kalkfelsen.

Karl Mays Werke sollen nun Eingang in den Kanon dessen finden, was deutsche Schüler lesen müssen. Verlangt die Karl-May-Gesellschaft. "Winnetou", "Schatz im Silbersee" und "Durchs wilde Kurdistan" könnten wahlweise in Deutsch, Religion und Ethik abgehandelt werden. Korrekt!

Auch in Sport (Reiten, Schießen, Flennen), Geschichte (muss umgeschrieben werden) und Mathematik (Berechnen und Gewinnmaximierung von Tantiemen) wäre Karl May das nachfrageadäquate Thema. Man muss bei aller Bildung auch an das Publikum und die Penunsen denken. Schon Bully Herbig ("Der Schuh des Manitu") schlachtete die millionenfach verlegte Story aus. In schwüler Atmosphäre machten Winnitatsch, Apahatschi und die Uschi, die in keiner bayerischen Produktion fehlen darf, aus dem alten Stoff einen Mega-Blockbuster und den Bully reich.

Warum sich also im Lektürekanon der Schulen mit Versagern wie Werther, Holden Caulfield und sonstigen Taugenichtsen aufhalten? Schaut man sich die populären Märchenerzähler an, müsste selbstredend auch Carsten Maschmeyers Werk "Selfmade - erfolg reich leben" auf die Schulbuchliste. Kaum ein Unterschied zu Karl May. Nur: Maschmeyer ist schon zu Lebzeiten ein blendender Verkäufer.