Oberlandesgericht urteilt: Galerie muss einem Künstler für verschwundene 22 Jahre alte Kartoffelstäbchen 2000 Euro zahlen

Nach 22 Jahren sollten zwei Pommes-Stäbchen locker ihr Frittierfett an Lebensjahren überrundet haben. Während erkaltetes Fett aber - etwa aus der beuysschen Schaffenszeit - bei guter Pflege durchaus 30 Jahre und somit länger als eine Generation von, sagen wir mal, Künstlern überdauern kann, stößt die Vorstellung, wie zwei Kartoffel-Stäbchen nach Jahrzehnten wohl aussehen, schnell an natürliche Geschmacksgrenzen.

Die dann berechtigte Frage "Ist das Kunst - oder kann das weg?" hat das Münchner Oberlandesgericht gestern in Bezug auf zwei verloren gegangene Frittenstücke beantwortet: Egal ob Kunst oder nicht, weg sein dürfen sie nicht.

Das Urteil (Rechtsmittel ausgeschlossen) kostet die Münchner Galerie Mosel und Tschechow 2000 Euro, plus Zinsen. Denn die beiden verschwundenen Essstäbchen waren die Vorlage für zwei Exemplare in Gold: "Pommes d'or", kreuzweise angeordnet und 1990 in der Galerie ausgestellt.

Inzwischen hat sich aber der Künstler der Kartoffelvariation, Stefan Bohnenberger (Jahrgang 1959), mit dem Galeristenpaar überworfen. Nach langem Hin und Her bekam er 2005 zwar seine Goldfritten zurück, gegen Zahlung der 1000 Euro Herstellungskosten, ursprünglich ausgelegt von der Galerie. Doch der Künstler verlangte auch die vertrockneten Ur-Pommes, vielleicht aus Angst, sie könnten für neue Abdrücke missbraucht werden. Allein: Sie waren im Laufe der Jahre verschwunden.

Ein schmerzlicher Verlust. Denn vor Gericht erschien auch eine Kunstsammlerin als Zeugin der Anklage, die glaubhaft machte, sie hätte die Original-Pommes für 2500 Euro gerne erstanden. Deshalb seien dem Künstler Einnahmen entgangen, folgerten die Richter. So wurden die nicht mehr essbaren Pommes in Abwesenheit gestern doch noch vergoldet.

Ganz ohne Edelmetallüberzug. Klingt schwer nach Kunst.