Die Medien sind schuld am Tief der FDP, meint ein liberaler Abgeordneter und rät: abschalten, weghören!

Wenn sich Kinder fürchten oder etwas angestellt haben, schließen sie reflexartig die Augen und halten die Hände fest vor das Gesicht. Dann ist das Problem erst mal unsichtbar und damit weg. Zumindest für die kindliche Psyche, die sich dann vorübergehend eine schönere Welt ausmalen oder andere Schuldige finden kann.

Auch manch Erwachsene bewahren sich diese infantile Taktik der Problembewältigung. Der sächsische FDP-Bundestagsabgeordnete Joachim Günther etwa, der seine Partei als Opfer von "Medien mit linksgrüner Hysterie-Berichterstattung" sieht. Die stellten die Position seiner Partei zur Finanztransaktionssteuer oder zur Vorratsdatenspeicherung bewusst irreführend dar. Die FDP habe sich zudem "ihren nachweislich erfolgreichen Vorsitzenden aufgrund einer ungehörigen Medienkampagne abtreiben lassen", schreibt er an seine Abgeordnetenkollegen weiter, ohne zu erwähnen, wer denn das in der Nach-Genscher-Ära gewesen sein soll.

Erfolge der Bundesregierung findet er unzureichend gewürdigt, den technischen Fortschritt gebremst. Die Presse habe sich gar zur ersten Gewalt im Staate aufgeschwungen. Da helfe nur noch eins: Zeitungen abbestellen, Radio- und Fernsehsender nicht mehr einschalten. Solch ein Boykottaufruf klingt nicht direkt liberal. Und die meisten Bürger sind zudem selbst in der Lage, ihre Freiheit zu gebrauchen, Sender ein- oder auszuschalten, Zeitungen zu kaufen oder eben nicht, wenn sie sich schlecht informiert fühlen. Eine Presse, die ausführlich über die angeblichen Erfolge von Staat und Parteien informiert hat, gab es zu Beginn von Günthers politischer Laufbahn in der DDR. Gerettet hat sie den maroden Laden nicht.

Irgendwann nimmt jedes Kind die Hände wieder vom Gesicht und stellt fest: Der Schreck ist vielleicht verflogen, die Probleme aber sind noch da. Und so wird auch den wackeren Liberalen - die FDP-Spitze hat sich von Günthers Medienschelte inzwischen distanziert - nur die Methode "Augen auf und durch" helfen. Wenn überhaupt.