Hin und her, vor und zurück beim Ersten Mann: Von der Sache mit dem Bobby-Car und dem siamesischen Zwilling

Es war der Tag, an dem über Christian Wulff nichts in der Zeitung stand, jedenfalls nicht auf den ersten Seiten. Überstanden?, dachte ich und geriet am letzten Mittwoch abends in Frankfurt nach einer Lesung in folgende abstruse Diskussion. "Wulff soll für seinen Sohn von einer Autofirma ein Auto geschenkt bekommen haben, habe ich im Radio gehört." - "Wieso, der hat doch gar keinen Sohn?" - "Den hat seine Frau mitgebracht." - "Moment mal", sagte ein Dritter, "kann der schon 18 sein und einen Führerschein haben? Soll ich das im Internet nachschauen?" - "Ach, lass mal." Und so ging es hin und her.

Am nächsten Morgen las ich in der Zeitung Entwarnung. Auf Seite eins der "FAZ" war ein rotes Bobby-Car abgebildet, ein Kinderauto, das "Krach macht und zudem die Schuhe ruiniert". Also doch kein neuer Bestechungs- und Amtsmissbrauchsvorwurf. Dann las ich im Innern des Blatts aber, dass Wulff für seine Ehefrau Bettina für einen Audi Q3 einen Prominentenrabatt bekommen habe, nachdem Wulff dem ihm bereits aus Hannover bekannten Autohändler ein Jahr zuvor zum Sommerfest eingeladen habe. Prompt folgte ein Dementi des Anwalts Lehr. Der wies darauf hin, dass Wulff "ausdrücklich" darum gebeten habe, den "Normaltarif für das Auto seiner Frau zu zahlen".

So geht es nun auf groteske Weise dank Wulffs selbstmörderischer Verteidigung immer weiter. Hin und her, vor und zurück. Sagt jemand, ein befreundeter Filmproduzent, dem Wulff Subventionen für eine Filmgesellschaft in Niedersachsen besorgt habe, hätte den Präsidenten zum Oktoberfest eingeladen. Zu Käfer. Ins Promizelt. Und, als der Präsident seine Frau und sein Baby mitgebracht habe, eine größere Suite besorgt, 400 Euro Sonderkosten für zwei Nächte, und auch den Babysitter bezahlt, dann folgt am nächsten Tag sicher das Dementi, das Geld für den Babysitter habe der Filmmensch sich von Wulff zurückerstatten lassen, und das Upgrade für das Zimmer habe er heimlich hinter dem Rücken des Präsidenten bezahlt und sich eine Rechnung ohne Zimmernummer ausstellen lassen.

Ein Präsident, der bei Firmen "ausdrücklich" sagt: "Bitte gebt mir keinen Firmenrabatt" und den man hinter seinem Rücken, sozusagen heimlich, bestechen muss, ohne ihm davon Mitteilung zu machen - die Geschichten haben schon ein ziemliches kleingliedriges Format. Kein Wunder, dass der ehemalige Bundesverfassungsrichter Dieter Grimm ihm im Kulturteil der gleichen "FAZ" den Rücktritt nahelegte: Der Präsident sei "zwar vor kleinlichen und gehässigen Angriffen Dritter, aber nicht vor einer Selbstdemontage des Amtes geschützt". Der Verfassungsrichter folgert, das sollte "zu der Einsicht führen, dass ein zeitiger Rücktritt dem Verbleib in einem halbierten Amt vorzuziehen ist, im eigenen Interesse und im Interesse des Ganzen".

Das wäre ein schöner Schluss gewesen, hätte ich nicht jetzt aus den Zeitungen erfahren, dass die Polizei bei Wulffs verschwundenem "siamesischen Zwilling", dem Ex-Sprecher, Razzien wegen Bestechlichkeitsverdachts in sämtlichen Wohnungen macht. Mit Blaulicht und nicht nur in einem Spielzeugauto.