Ein Meteorologe legt sich fest: Manche Bauernregeln stimmen wirklich. Und der Winter fällt aus

Es gibt Bauernregeln, die sind von edler Einfalt und stiller Größe: "Friert das Bier im Glase ein, wird Juli bald zu Ende sein." Da ist doch die Situation, in der dieser Reim entstand, gleich mit im Bilde. Auch der Spruch "Fliegt der Bauer übers Dach, ist der Wind weiß Gott nicht schwach" muss selbst bei nüchterner Betrachtung nicht in Zweifel gezogen werden. Riskanter wird die Vorhersage schon mit der Weisheit, die gestern auf dem Blatt des Bauernkalenders stand: "Wenn Antoni (17. Januar) die Luft ist klar, so gibt es wohl ein trockenes Jahr."

Das werden wir Ende 2012 mal prüfen. Ebenso realistisch klingt die Weisheit für die kommenden Tage: "Zu Fabian und Sebastian (20. Januar) fängt der rechte Winter an."

Oder auch nicht. Denn Jurik Müller, 63, Meteorologe mit Doktortitel und Autor des Buches "100 Bauernregeln ... die wirklich stimmen", legt sich - mit minimaler Einschränkung - ganz anders fest: "Aller Wahrscheinlichkeit nach wird es keinen harten Winter mehr geben", sagte der Leiter der Abteilung Agrarmeteorologie beim Deutschen Wetterdienst in Leipzig der Nachrichtenagentur KNA. Sein Kronzeuge: "Ist der September lind, wird der Winter ein Kind." Dieser Spruch habe 80 Prozent Trefferquote, hat der Wettermann nachgerechnet. Er sammelt seit 30 Jahren Bauernregeln und dichtet selbst welche.

Die Weisheiten der Landbevölkerung können traditionell auf mistweise Erfahrung bauen, viel weiter zurückreichend als die moderne, vergleichsweise junge Meteorologie, die zudem den Nachteil zungenbrecherischer Aussprache mit sich rumschleppt. Trotz Satellitenbeobachtung und komplizierter Messungen hält die Glaubwürdigkeit der wissenschaftlichen Wetterfrösche auch kaum länger als drei bis fünf Tage. Mit einer Hundertprozent-Prognose kann am Ende niemand dienen.

Bauernregeln haben zudem einen unschlagbaren Vorteil. Es gibt sie für jede Lebenslage. Kostprobe? Bitte! "Wenn Bauern in die Jauche segeln, helfen keine Bauernregeln."