Fantasie und Wortwitz statt lauwarmer Luft der üblichen Umgehungssprache!

"Deutsch lebt!" ist der Titel eines brandneuen Buches, das mir Professor Walter Krämer, Erster Vorsitzender des Vereins Deutsche Sprache e.V. und erfolgreicher Buchautor, mit ein paar lobenden Worten über diese Kolumne geschickt hat. Darin erzählen die vier Juroren der "Aktion Lebendiges Deutsch", was sie in den vergangenen Jahren gemacht haben: nämlich um Vorschläge zur Übersetzung unsinniger Anglizismen ins Deutsche zu bitten, und aus diesen Vorschlägen dann einen als Angebot an die Sprachgemeinschaft auszuwählen. Das hat funktioniert.

Deutsch lebt also. Und wie! Es ist eben nicht so, dass die Menschen deutscher Zunge keine Fantasie, keinen Wortwitz hätten. Das Gegenteil beweisen die - häufig mehr als tausend - Einsendungen an jene "Aktion", die von der Jury zwar nicht ausgewählt, aber doch veröffentlicht worden sind.

Nehmen wir (weil es gerade aktuell ist) das "Public Viewing". Die Jury hat sich für "Fußballkino" entschieden. Vorgeschlagen waren aber auch: Massenglotzen, Kuck-Treff, Rudelgucken.

Oder der allgegenwärtige "Coffee to go". Gehkaffee, sagt die Jury. Geboten waren ferner: Marsch-Kaffee, Kaffee komm mit, Flanierkaffee, Kaffee entführt und Kaffee mobil.

Wie würden Sie "All you can eat" übersetzen? Vorgeschlagen: Friss bis du platzt!, Fresspauschale, Hamstertafel, Kampfmampf und Mastaktion. Die Jury wählt: Essen nach Ermessen. "Brainstorming"? Wie wär's mit: Tüftelrunde, Grübelplausch, Denkgewitter, Gedankenquirl, Synapsen-Tango? Hirnhatz hat der Jury auch gefallen, aber sie wählt: Denkrunde. "Happy Hour". Da gefallen mir besonders die Angebote: Breitzeit, Tankzeit, Saufzeit, aber auch Geizerstunde (wegen der reduzierten Preise). Und nun "chillen". Da kommen Vorschläge wie: rumbohèmen, sofieren. Nichts da, sagt die Jury: abschalten ist das Wort.

Einen hab ich noch: den (oder das?) "Event", also eine Veranstaltung, die sich wichtig machen will. Vorschläge: Spektakel, Rambazamba, Schickimickifeier.

Warum fällt Politikern so was nicht ein? Warum zeigen sie nicht wenigstens Fantasie, wenn sie schon kein Charisma haben? Leser S. hat sich über die "Sprechblase eines bayerischen Provinzpolitikers" geärgert, der nicht mit den Leuten reden, sondern "eine Gesprächssituation herstellen" wollte. Tja, das ist die übliche Umgehungssprache: zwei Drittel lauwarme Luft. Und da wundern die sich, dass kaum noch einer zuhört.