Das Projekt Fußball-WM 2010 braucht noch Anschubhilfe von den Fans - wo bleiben die Fähnchen? Freitag startet das Turnier in Südafrika.

Jetzt flattern sie wieder im Winde, die lustigen schwarz-rot-goldenen Fähnchen, manche an den Ecken schon arg ausgefranst. Aber bislang sind es nur ein paar Partisanen, die ihre Autos drei Tage vor Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft mit den deutschen Farben geschmückt haben. Gefühlt ist das Bekenntnis zu Nation und Nationalelf gedämpfter als beim Sommermärchen 2006. Spätestens, als die Kanzlerin ihren Besuch bei Jogi Löws Truppe absagen musste, weil ihr plötzlich ein Bundespräsident abhandengekommen war, stand fest: Das WM-Projekt 2010 braucht Anschubhilfe.

Fast möchte man mit Hoffmann von Fallersleben rufen, der anno 1843 schrieb: "Alles lässt sich schwarz nur sehen, Rot und Gold, wo bleibet ihr?"

In der nationalen Wundertüte - für Kenner statt Deutschland kurz "Schland" - gibt es schwarz-rot-goldene Lutschbonbons, Plastikblumenketten, Toilettenpapier und sogar "Schwarz-Rot-Grill" als Würstchen (womit hoffentlich nicht der Endzustand gemeint ist). Neu im Angebot sind die südafrikanischen Tröten "Vuvuzela", deren Gebrauch allerdings an Körperverletzung grenzt. Doch der Klassiker bleibt jenes wehende Bekenntnis zu den Landesfarben aus Stoff, genauer: Kunststoff.

Vor zehn Tagen, als Deutschland den Sieg beim Eurovision Song Contest feierte, wurde schon mal Schwarz-Rot-Gold geübt. Von Lena bis Lahm ist es gar nicht so weit. Das Potenzial ist da.

Nach einer Umfrage freuen sich 28 Millionen Deutsche, mithin jeder Dritte, auf die WM. Dabei kann sich der kühle Norden zwar nicht mit den heißblütigen Gelsenkirchenern - laut Untersuchung Deutschlands größte Fußballfans - messen, doch schneidet Hamburg auf Platz 60 von 413 Kreisen und kreisfreien Städten ordentlich ab. Laut dpa RegioData outen sich 42,2 Prozent der Hamburger als Fußballfans - 740 000 Menschen. Deutlich mehr als in München, der Stadt des Meisters. Aber lassen wir es dabei bewenden. Sonst sind wir schnell bei Martin Walser: "Es gibt nur etwas, was noch sinnloser ist als Fußball - Nachdenken über Fußball."