Diese Woche habe ich zum ersten Mal das Wort “Humanizer“ gehört. Klaviertöne können inzwischen so gut am Rechner simuliert werden, dass ein menschliches Ohr sie nicht mehr sicher von einem echten Klavier unterscheiden kann.

Diese Woche habe ich zum ersten Mal das Wort "Humanizer" gehört. Mein Lieblingspianist Christoph Reuter erzählte mir, dass inzwischen Klaviertöne so gut am Rechner simuliert werden können, dass ein menschliches Ohr sie nicht mehr sicher von einem echten Klavier unterscheiden kann.

Der "Humanizer" ist das Computerprogramm, das verwendet wird, damit künstlich erzeugte Musikaufnahmen wieder klingen wie von einem Menschen gemacht. Denn Menschen sind zwar so erfinderisch, dass sie ein ganzes Orchester digital ersetzen können, aber mit einem kleinen Fehler: Es sind zu wenige Fehler drin.

Der perfekte Klang klingt vor allem eins, langweilig. Da kommt der "Humanizer" ins Spiel, der zufällig mal einen halben Ton danebenliegt, einen Hauch zu spät kommt oder einfach mal etwas vergisst. Das ist menschlich. Und interessant.

Briefmarken werden Unikate durch Fehler. Für die Blaue Mauritius würde sich kein Schwein interessieren, wäre in der Produktion alles nach Plan verlaufen. Das gleiche Phänomen ist auch von Schönheitsoperationen bekannt: Ein absolut ebenmäßiges Gesicht fasziniert keinen. Hätte Barbra Streisand noch nach einer Nasenkorrektur Karriere gemacht? Karl Dall nach einem Augen-Lifting?

Fotografen arbeiten mit der "Unschärfe", denn seit jede Amateurkamera scharfe Bilder macht, zeigt sich der wahre Profi gerade wieder darin, kein perfektes Bild abzuliefern. Kennen Sie einen namhaften Musiker mit einer ungebrochenen Karriere?

Leonard Cohen dichtete für einen Song: "There is a crack in everything. That's where the light comes in." Es braucht den Knacks in der Schale, damit Licht in unser Inneres scheinen kann. Und dann scheint es auch von innen wieder nach außen.

Von Martin Luther ist ein Ausspruch bekannt: Pecate fortiter. Sündige tapfer. Wenn, dann richtig. Damit man auch was daraus lernen kann. Beim halbherzigen Sündigen hat man weder kurzfristige Freude noch langfristige Läuterung.

Liebe Frau Käßmann, ich hätte Sie gerne mit Ihren Aufgaben wachsen sehen. Nach dieser schwierigen Woche - ein Witz, nur für Sie:

Jesus ist mit der ganzen Gefolgschaft unterwegs, da sieht er, wie eine Frau auf dem Marktplatz gesteinigt wird. Der Meister ruft: "Haltet ein, was hat diese arme Frau getan?" Das Volk ruft: "Sie hat gesündigt!" Darauf Jesus: "Wer ohne Sünde ist, der werfe jetzt den ersten Stein!" Alle werden still, mitten in das betretende Schweigen hinein fliegt von hinter Jesus ein Stein in Richtung Sünderin. Ohne sich umzudrehen zischt Jesus: "Mutter, du nervst!"