Wer Karneval nur mit Brauchtum erklärt, hat nix verstanden. Dat kölsche Hätz, also das Herz eines Kölners, schlägt eigentlich nur ...

Hamburg. ... im richtigen Takt, wenn um es herum alle bekloppt sind. Köln ohne Karneval wäre ähnlich amputiert wie Hamburg ohne Elbe und Hafen, ohne Alster und Michel. Aber kein Norddeutscher muss den närrischen Unsinn deshalb gleich verstehen wollen.

Diese Kulturkluft ist doch der wahre Grund, warum der Herrgott zwischen den Jecken am Rhein und den Fischköppen im Norden gut 400 Kilometer Niemandsland installiert hat. Eine Distanz, die dazu neigt, Welten zu trennen, wie die nur knapp 400 Kilometer beweisen, die uns hier auf der Erde von der Schwerelosigkeit in der Internationalen Raumfahrtstation (ISS) trennen.

Von dort oben aus den sieben neuen Panoramafenstern der ISS sehen die Rosenmontagszüge wahrscheinlich noch lustiger aus, und ein Betrachter muss dort keine Angst haben, "in Kölle jebützt", also "in Köln geküsst" zu werden, wie das Motto in diesem Jahr angedroht hatte.

Für die Verwendung jeder Menge Pappmaché sorgten wieder die üppigen Figuren auf den Prunkwagen, mit denen die rheinischen Karnevalisten (wie in Düsseldorf) etwa Kanzlerin Merkel und ihren "Sündenfall" aufs Korn nahmen - den Kauf einer CD mit Namen betuchter Steuerhinterzieher. Auch ein beliebtes Motiv der Belustigung: Italiens Regierungschef Berlusconi inmitten von Frauenbrüsten. Wer kommt bei solchen Vorbildern auch auf Gedanken guten Geschmacks?

Ganz unfair dagegen ist die Umfrage, die das vom WDR (Köln) produzierte "ARD-Morgenmagazin" gestern sendete. Da kamen nur Muffel ins Bild, die auf die Frage, was sie Rosenmontag vorhaben oder wie sie sich verkleiden, völlig verstört dreinblickten. Die Auflösung am Schluss: Befragt wurden Passanten in Hamburg. Wir fragen doch auch keinen Kölner, warum es auf deren Dom keine Geisterbahn gibt.