Autos waren in der DDR eine Mangelware. Um an einen fahrbaren Untersatz zu gelangen, wurden die horrendesten Preise ...

... gezahlt oder jahrelange Wartezeiten in Kauf genommen. Trotzdem gab es die mahnende Volksweisheit: "Hüte dich vor blonden Frauen und Autos, die die Russen bauen."

Der schlechte Ruf sowjetischer Karossen beruhte auf hoffnungslos veralteten Modellen und einer sagenhaft miserablen Verarbeitungsqualität, die auch vor den in Fiat-Lizenz gebauten Lada-Modellen nicht haltmachte. Der Legende nach wurde in den Bremsbelägen Kameldung aus den zentralasiatischen Republiken verbacken. Manche hielten nur 5000 Kilometer. Und an Ersatzteile war nicht zu denken.

Wer sich einmal ein derartiges Image erarbeitet hat, verliert es nicht so schnell. Autos aus der nach dem italienischen Kommunisten Palmiro Togliatti benannten Stadt an der Wolga sind heute schwer vermittelbar. Auf dem internationalen Markt sowieso, aber auch in Russland selbst, seit auch dort westliche Modelle zu haben sind.

Um das wenigstens etwas zu ändern, fährt der russische Ministerpräsident Wladimir Putin einen Lada Niva. Das ist die Geländevariante des Lada, kantig und hochbeinig, fit für Tundra, Taiga, Steppe und Schlaglochpisten. Im Prinzip robust und - falls nicht - wegen der weitgehenden Abwesenheit von Elektronik leicht zu reparieren. Ausgesprochen volkstümlich also, der Herr Putin, wenn man bedenkt, dass heutzutage schon jeder mittelmäßig begabte "Bisnismen" mit einem Hummer ohne Nummernschild und schwarz getönten Scheiben herumkurvt.

Russland ist aber ein traditionsbewusstes Land. Und so steckt auch in Putin ein Stück Potemkin. Wobei er den umgekehrten Weg des alten Fürsten wählt und nicht eine Kulisse im Niemandsland aufbaut, sondern der dürftigen Fassade seines Gefährts ein fremdes Herz einpflanzte. In Tscheboksary, der ein paar Hundert Kilometer flussaufwärts von Togliatti gelegenen Hauptstadt der Tschuwaschen, bekannte er vor Studenten: "Ich verhehle es nicht: Der Wagen, den ich gekauft habe, hat einen Opel-Motor." Im Zweifel geht ankommen dann doch vor Patriotismus.