Wir investieren viel mehr Zeit in einen guten Auftritt als in einen guten Abgang. Ein Fehler. Denn: Der letzte Eindruck bleibt!

Meine Großmutter wusste: "Man soll immer gehen, wenn es am schönsten ist!" Den Nobelpreis für diese Erkenntnis bekam aber nicht sie, sondern Daniel Kahnemann. Er fand heraus, dass Darmspiegelungen, die angenehm enden, bei ansonsten gleicher Länge und zwischenzeitlichem Zwicken, in besserer Erinnerung bleiben. Und das gilt in vielen Lebensbereichen, auch bei Beziehungen. Kahnemann begründete die "Peak-End-Rule" (Evaluations of pleasurable experiences: The peak-end-rule. Amy M. Do, Alexander V. Rupert and George Wolford, Psychonomic Bulletin & Review 2008, 15 (1), 96-98). Unsere Zufriedenheit mit einem Ereignis errechnet unser Hirn demnach aus zwei Messgrößen: dem Höhepunkt des Ereignisses und dem Endpunkt. Daraus wird eine Art Mittelwert bestimmt. Je rascher auf einen intensiven Höhepunkt das Ende folgt, desto schöner bleibt das Ganze in Erinnerung.

Ein Kinofilm von 90 Minuten kann uns die erste Stunde mäßig begeistern, wenn uns aber die letzte halbe Stunde mitreißt, empfehlen wir ihn weiter. Ein typischer Regiefehler ist daher, seine ganze dramaturgische Kreativität in der ersten Stunde abzufackeln und dann am Ende nachzulassen. In meinen Lehr- und Wanderjahren als Varieté-Moderator war ich sehr erstaunt, dass der größte Teil der Proben auf das Finale gingen, also auf das Verbeugen, die kleinen Zugaben am Ende des Programms. Und intuitiv ist das Jahr ja auch so ausgelegt. Gleich nach der stärksten Nummer, Weihnachten, ist Schluss, dann bleibt das Jahr in guter Erinnerung. Silvester feiern Mitte Juni, wenn man richtig urlaubsreif ist - wäre psychologisch nicht dasselbe.

Dummerweise verhalten wir uns meistens genau umgekehrt. Wir investieren viel mehr Zeit in einen guten Auftritt als in einen guten Abgang! Mit Klamotten, Make-up und aufgesetztem Lächeln wird mächtig nachgeholfen. Denn: Man bekommt nie eine zweite Chance für einen ersten Eindruck. Aber einen schlechten letzten Eindruck kann man noch nicht mal mehr ausbügeln, nur aussitzen. Merke: Der letzte Eindruck bleibt!

Bei einer Party, sollten wir am besten gehen, kurz nachdem es richtig schön ist. Und wenn man selbst der Gastgeber ist und nicht gehen kann, müssen wir uns gezielt einen weiteren "Höhepunkt" für die Zeit nach Mitternacht bereithalten. Werfen Sie dann die Gäste zügig raus. Dann kommen sie gerne wieder! Oder um mit dem südafrikanischen Weisheitslehrer Howard Carpendale zu sprechen: Auf ein dezentes "Dann geh doch" folgt gerne ein "Hello again!"