Deutschland und Frankreich sind der starke Kern Europas. Angela Merkel und Nicolas Sarkozy sind schon sehr vertraut.

Wir sind ein Volk. Jedenfalls waren wir das mal - vor gut einem Jahrtausend. Nur weil die Enkel Karls des Großen nicht ganz so groß waren wie ihr Opa und auf ihrem eigenen machtpolitischen Jodeldiplom bestanden, entschieden sie zu trennen, was zusammengehört. Und aus dem Fränkischen Reich, einer Art Vorläufer der EU, aber noch ohne die 30 000 Beamten in Brüssel, wurden Frankreich und Deutschland - das später in Hunderte Königreiche, Fürstentümer und Grafschaften zerfiel. Fortan entwickelte man sich in Sprache und Kultur erheblich auseinander. Die Deutschen schufen 5000 Biersorten und die Lederhose, die Franzosen 400 Käsetypen und die Baskenmütze.

Aus Brüdern wurden schließlich "Erbfeinde". In den Befreiungskriegen gegen den französischen Kaiser Napoleon 1813-15 spielte das Konzept einer vereinigten deutschen Nation bereits eine große Rolle; die Farben der Guerillatruppe des Majors von Lützow - schwarze Uniform, rote Aufschläge, goldene Knöpfe - finden wir heute auf der Bundesflagge wieder. Und das zweite Deutsche Reich wurde 1871 nach dem Deutsch-Französischen Krieg gegründet. Man kann also überspitzt sagen, die deutsche Nation entstand im Kampf gegen Frankreich. Als "Erbfeinde" begegneten sich beide auch in der Blutmühle der Stellungskriege des Ersten Weltkriegs 1914-18 mit seinen mindestens zwölf Millionen Toten.

Aus der Erniedrigung, die die Franzosen den deutschen Verlierern in Versailles bereiteten, wurden jener Hass und jene Verblendung geboren, der den Zweiten Weltkrieg möglich machten.

Doch was seit dessen Ende in Europa geschah, gehört zu den wunderbarsten Ereignissen der Weltgeschichte. Dass Franzosen und Deutsche von "Erbfeinden" zu engen Freunden wurden, die sich inzwischen diplomatisch gegenseitig im Ausland vertreten, die gar gemeinsame Truppen unterhalten, ist ein Zeichen der Hoffnung für viele Konflikte auf der Welt. Auch wenn der deutsch-französische Motor in letzter Zeit bedenklich schwach nach einem Trabi klang, auch wenn der herbe märkische Charme einer Angela Merkel nicht jederzeit mit dem hitzigen Esprit des ungarn-stämmigen Nicolas Sarkozy kompatibel ist, sind ihre beiden Staaten der starke Kern Europas. Als François Mitterrand und Helmut Kohl 1984 auf den Gräbern der Gefallenen von Verdun verkündeten: "Europa ist unser gemeinsames Vaterland", hatte sich der historische Kreis nach tausend Jahren endlich geschlossen.