Hamburg. Welcher Mensch möchte untenrum schon gern wie ein Pferd aussehen (auch wenn die Aufforderung "Mach mir den Hengst" dann realistischer klingen würde)?

Die alten Griechen haben sich solche Mischwesen aus Muskelmann und Mustang jedenfalls mystisch-bunt ausgemalt: die Zentauren. Von diesen als lüstern beschriebenen Pferdemenschen gab es in späthellenistischer Zeit sogar weibliche Exemplare. Alles nur einfältige Fantasie? Oder war die Antike prophetisch gepolt?

Denn Mensch und Pferd sind genetisch viel ähnlicher, als Forscher dachten, bestätigt jetzt ein internationales Wissenschaftlerteam das Vorspiel der Hellenen.

"Vergleicht man das Pferdegenom mit dem des Menschen direkt von Chromosom zu Chromosom, so gibt es in etwa der Hälfte der Fälle eine sehr starke Übereinstimmung", verkündete jetzt Dr. Helmut Blöcker, Genomforscher am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig. Die Ergebnisse sind nachzulesen im aktuellen Wissenschaftsblatt "Science".

Der Hund - ebenfalls ein treuer Begleiter des Menschen - bleibt dabei genomtechnisch auf der Strecke. Bei ihm liegt die Übereinstimmung mit Herrchen und Frauchen nur bei schlappen 30 Prozent. Kaum Unterschiede trennen uns dagegen von Schimpansen. Unter 1000 untersuchten Basenpaaren des Affen sind 987 völlig identisch mit denen des Menschen. So wenig Unterscheidendes kennt die Wissenschaft sonst nur bei Arten derselben Gattung.

Da sich der Mensch dennoch höchst ungern als Affe sieht, bleibt nur der Umkehrschluss: Schimpansen sind auch nur Menschen, irgendwie jedenfalls. Und der Mensch entpuppt sich als halbes Pferd.

Aber profitieren sollen am Ende alle. Denn die Wissenschaftler wollen mit ihren Pferde-/Mensch-Daten über DNA-Bausteine langfristig Krankheiten auf molekularer Ebene beobachten, zum Beispiel Allergien, Asthma oder Osteoporose. Darunter leiden Menschen wie Pferde tierisch.

Doch die Gene allein entschlüsseln das Wunder des Lebens nun mal nicht. Viele Fragen bleiben offen: Warum hat ein Kohlkopf mehr Gene als der Mensch, kann aber viel weniger mit diesem Mehr anstellen? Und wie hat wohl das Wesen ausgesehen, das vor 310 Millionen Jahren angeblich der gemeinsame Vorfahr von Mensch und Huhn war? Und war Letzteres zuerst da oder das Ei?

Die alten Griechen haben eben doch nicht zu Ende gedacht.