Jedes Jahr bleibt es bei 600 Postboten in Deutschland nicht beim Bellen: Sie werden bei Bissattacken verletzt, fallen mitunter lange aus.

Triebbedingt muss jeder Wachhund "seinen" Briefträger lieben. Denn der Postmann verschafft ihm wochentäglich ein Erfolgserlebnis. Nach dem Prinzip: Briefträger kommt, wirft Post ein, Hund bellt - und weiß sein Revier erfolgreich verteidigt. Denn der Eindringling zieht ruckzuck wieder von dannen.

Sollte Bello seinem Postboten später zufällig beim Bummel mit Herrchen begegnen, wird er ihn selbstverständlich sofort erkennen und erneut ankläffen. Denn Kleider machen für Hunde keine Leute. Sie erkennen den Typen, der immer zur gleichen Zeit vor der Haustür herumschleicht, ohne hinzusehen schon von Weitem, auch wenn der sich zivil verkleidet. Wofür gibt es schließlich Supernasen!

Jedes Jahr bleibt es bei 600 Postboten in Deutschland nicht beim Bellen: Sie werden bei Bissattacken so schwer verletzt, dass einige für einen Tag, andere wochenlang ausfallen. Aggressions-Tendenz fallend. Vor sechs Jahren beklagte die Post noch um die 2000 Beute-Opfer im Jahr.

Vielleicht geht der Rückgang auf das Konto der Hundespezialisten, die den 80 000 Zustellern der Post eine Schulung anbieten. Bei ihnen lernen sie, angriffswütige Vierbeiner abzuwehren. Zum Beispiel mit "ruhigen, engen Bewegungen". Und: "Fangen Sie nie an, den Hund vollzuquatschen", rät Jörg Ulbricht, der Postlern in Frankfurt (Oder) tierische Tipps gibt.

Lang ist die Liste, was die alles falsch machen können, wenn ein Kläffer in Angriffsposition geht: nie in Zeitlupe rückwärtsweichen, nicht hektisch bewegen, nicht streicheln und vor allem nicht der Weisheit vertrauen: Hunde, die bellen, beißen nicht. Mit Leckerlis zu bestechen "ist nicht erlaubt, weil der Hundebesitzer nicht unbedingt damit einverstanden ist", mahnt Betriebsleiterin Karin Fischer. Ein Auge werde zugedrückt, weiß Postsprecher Rolf Schulz, "wenn sich die Postboten mit den Tierhaltern zuvor absprechen".

Fühlt sich der Postmann bedroht, darf er aber unverrichteter Dienste abziehen - mitsamt der Brieflast. Sicherheit toppt Zustellung. Auch wenn in der Post eine Einladung an Herrchen oder Frauchen zum Hundetraining gewesen wäre. Denn warum sorgen die eigentlich nicht dafür, dass der Briefträger heil bleibt? Oberstes Schulungstraining wäre, Hundehaltern die zwei häufigsten Sätze auszutreiben: 1. "Er will doch nur spielen." 2. "Oh, das hat er aber noch nie gemacht ..."