Von einem Bestatter, der in der Oper unter der Dusche Arien schmettert - Woody Allen kehrt zu seinen Komik-Wurzeln zurück

Glamour und Glanz der italienischen Oper, ihre Belcanto-Strahlkraft und orchestrale Wucht haben Woody Allen schon als jungen Komiker fasziniert. So hat er in einer Short Story seinen Nebbich-Helden Nadelmann in den ersten Rang der Mailänder Scala gesetzt, bis er einmal vor frenetischer Begeisterung im Schlussbeifall kopfüber in den Orchestergraben stürzt, was sehr schmerzhaft ist.

Um nun nicht als lächerlicher ungeschickter Unglücksrabe dazustehen, hat Nadelmann den Sturz künftig bei jedem Scala-Besuch stoisch wiederholt. Um seine Würde unter Schmerzen zu bewahren. Mit dieser Repetition bestätigt er Henri Bergsons Theorie von der Mechanik der Komik. Und Schillers Einsicht, dass es nur ein winziger (Stolper-)Schritt vom Erhabenen zum Lächerlichen sei.

In seiner neuesten Sightseeing-Kino-Komödie "To Rome With Love" (sie kommt im Juli in die US-Kinos) kehrt der wunderbar knittrige und knattrig nörgelnde alte Woody Allen zu seinen Slapstickanfängen und deren komischer Mechanik zurück. Er besucht die künftigen Schwiegereltern seiner Tochter, und als ehemaliger Opernregisseur und Manager hört er den Bestattungsunternehmer unter der Dusche singen, wenn der sich nach dem Präparieren von Leichen reinigt.

Er singt göttlich "Lache, Bajazzo!" von Leoncavallo. Woody schleppt ihn zum Vorsingen. Aber der fällt kläglich durch. Denn er kann nur unter der Dusche singen, in der schützenden Einsamkeit der Nasszelle. Was tun? Allens New Yorker Opern-Agent verzagt nicht. Wenn der Bestatter nur unter der Dusche schmettern kann, muss halt die Brause mit auf die Bühne. Also hört und sieht man den Bestatter sein "Ridi, pagliaccio!" in einer auf die Bühne montierten Dusche singen, sich unter der Achsel einseifen, mit einer Bürste über Bauch und Rücken schrubben und die untreue Frau erdolchen. Das bis in die obersten Ränge reichende festliche Publikum gerät klatschend aus dem Häuschen. Und ist nicht ein Bestatter, der nur tropfend singen kann, auch eine Art tragischer Narr?

Die göttliche Idiotie der Oper ist getroffen. Und die Duschzelle? Könnte sie nicht vom modernen Regietheater bei Leoncavallos "Bajazzo" als genialer Seifenoper-Einfall auf der Bühne wieder einen Nadelmann zu einem Sturz in den Orchestergraben animieren?