Der Vegetarierbund wird altersmilde. Zum 120. Jubiläum heißt die Botschaft: Fleisch sei euer Gemüse

Der Versuchung des Fleisches erliegen sie nie. Dabei lieben sie junges Gemüse. Rüben statt Rouladen, Kohl statt Kasseler - Vegetarier können noch klar zwischen Gut und Böse unterscheiden. Jedenfalls auf dem Teller. Die Fundamentalisten unter ihnen lehnen angeblich sogar Sitzfleisch ab.

"Zu absolut" hätten sich einige Mitglieder der vegetarischen Bewegung präsentiert, räumt Thomas Schönberger ein. Er ist so etwas wie der Chef-Vegetarier der Republik und Vorsitzender des Vegetarierbundes Deutschland, der heute vor 120 Jahren gegründet wurde. Man wolle künftig "einladender auftreten". Damit fängt der Verband - mittlerweile wohl ein bisschen altersmilde - an und erlaubt Fleisch! Wenn auch nur als "Beilage". In der Hoffnung, dass in der Kantine bald ganz selbstverständlich Möhrchen an Frikadelle auf dem Speiseplan stehen. Das Credo: Fleisch sei euer Gemüse.

Eingefleischte mögen diese Forderung der Vegetarier für einen ziemlichen Klops halten. Zur Beruhigung sei vermutet: Schnitzel wird sich als Tellergarnitur ungefähr so rasant durchsetzen wie der Donnerstag als "Veggie-Tag", ein früheres Rezept des Vegetarierbundes gegen unsere zunehmend verfleischlichte Gesellschaft.

Dabei ist der Ansatz der Gemüsefreunde eine Vision, die zurück in die Zukunft weist: Es ist noch nicht so lange her, dass der Sonntagsbraten so hieß, weil er nur sonntags aufgetischt wurde, während es freitags Fisch gab und montags bis donnerstags Eintopf. Doch heute gibt es alles jederzeit und überall. Sogar in den Fußballstadien, wo es auch mal um die Tofu-Wurst geht.

Deshalb hatte die Tierschutzorganisation Peta kürzlich das "Vegetarier-Potenzial" der Bundesligavereine untersucht und das Stadionessen getestet. Tabellenerster wurde ausgerechnet der FC Bayern München, dessen Präsident Uli Hoeneß Wurstfabrikant ist. Vize wurde Schalke, Meister der (Artischocken-)Herzen. Aber auch die Auberginentaschen beim FC St. Pauli erhielten das Prädikat "erstklassig". Das gibt doch Hoffnung für die nächste Saison.