Personenkult mal anders. Russische Sekte verehrt den Premier als Wiedergeburt des heiligen Paulus.

Russlands starker Mann sieht sich gern auch als solcher abgebildet: Wladimir Putin lässt sich als kühner Jäger, Tigerschützer, Angler in reißenden Strömen und mutiger Skiläufer ablichten. Oder als verwegener Reiter auf feurigen Rössern. Dass der Ex- und vielleicht Bald-wieder-Präsident aber mal vom Gaul gestürzt und dabei ein helles Licht gesehen haben soll, ist bisher nicht überliefert.

Trotzdem verehrt ihn eine Sekte in der Nähe Nischni Nowgorod an der Wolga - zu kommunistischen Zeiten hieß die Stadt Gorki, war Verbannungsort für missliebige Intellektuelle und militärisches Sperrgebiet - jetzt als Wiedergeburt des Apostels Paulus und betet eine Ikone mit Putins Antlitz an. Wie das neutestamentliche Original habe Putin als KGB-Offizier und Kommunist Christen verfolgt. Sein Damaskuserlebnis habe er dann nicht auf einem beschwerlichen Ritt, sondern im Jahr 2000 bei seinem Einzug als Präsident in den Kreml gehabt, behauptet zumindest Sektengründerin "Mutter Fotina".

So viel Verehrung ist selbst "Apostel Putin" unheimlich. Das riecht einerseits zu sehr nach sowjetischem Personenkult. Andererseits wird die orthodoxe Kirche, die so nach und nach ihre Rolle im neuen Russland wiedergefunden hat, über postmoderne Konkurrenz nicht begeistert sein. Ein Würdenträger kritisierte die Verehrung bereits als "verwirrende Mischung aus Okkultismus und Sekten-PR".

Und schließlich hat Russland eine traurige Tradition mit falschen Zarensöhnen und Propheten. Die endeten auf dem Scheiterhaufen, unterm Fallbeil oder - wie der bisher letzte von ihnen - erschossen und ertränkt in einem Petersburger Kanal. Der hieß Rasputin. Und so ein Schicksal strebt der Putin ohne "Ras", Erfinder der ganz irdischen lupenreinen "gelenkten Demokratie", ganz bestimmt nicht an.