Ein Winzling lässt Forscher träumen. Es ist der Plattwurm. Man kann ihn zerschnippeln - er lebt in jedem Stückchen weiter.

Wer meint, schon die Bezeichnung Wurm sei der Gipfel der Erniedrigung, kennt den Plattwurm nicht. Wie angeklatscht schleimt er auf matschigem Grund dahin, durchsichtig, nur einen Millimeter lang. Alle trampeln auf ihm herum, wenn auch ohne böse Absicht, denn von Menschenaugen wird er fast immer übersehen.

Vielleicht hat ihn das lange Zeit vor ekligen Experimenten bewahrt, die manchen Regenwurm ins Jenseits brachten: von bösen Buben mit Messer oder Schere zerteilt. Denn hartnäckig hält sich das Gerücht, Regenwürmer könnten auch zweigeteilt weiterleben. Das jedoch übersteigt ihre Regenerationsfähigkeit bei Weitem. Nur mit Glück vegetiert das Regenwurm-Vorderteil nach einem solchen Schnitt weiter, denn dort liegen seine lebenswichtigen Organe. Der Rest ist mausetot.

An dieser Stelle darf der Plattwurm wieder in die Presse.

Denn der Winzling lebt in jedem Stückchen weiter, selbst wenn man Hackfleisch aus ihm macht. So wird der Wurm auch in Forscher-Labors nie knapp. "Wenn ich zu wenige Würmer habe, zerschneide ich sie", sagt Kerstin Bartscherer vom Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin. Zerschnippeln als Form der Fortpflanzung. Auch ein Thema der ersten internationalen Plattwurm-Tagung in Münster mit Experten aus 13 Ländern.

Da die Plattwurm-Gene denen der Menschen ähneln, soll das Wissen über den Wurm eines Tages vielleicht der Selbstheilung von Menschen dienen.

Denn im Wunderwurm wimmelt es von Stammzellen, von Forschern ehrfürchtig totipotent genannt, weil in ihnen alle Zelltypen stecken, die ein Wesen zum Leben braucht: Nervenzellen, Muskelzellen, Zellen für Haut, Darm und Keimzellen. Der ganze Wurm ein Rundum-Alleskönner.

Auch der Wissenschaft gegen das Altern (Anti-Aging) soll der Wurm auf die Sprünge helfen. Denn er bleibt immer jung. "Die Tiere leben ewig ...", sagt die Forscherin. Neidisch auf den Wurm? Dann den Satz zu Ende lesen:

"... wenn sie nicht gefressen werden."