Wer immer wieder neue “Herausforderungen“ sucht, verrät damit in Wahrheit seine Inkompetenz.

"Ohne Sprachverwirrung hätte es weder den Unfug der New Economy geben können, ... noch wäre der Spuk des Shareholder-Value möglich gewesen." Das ist ein starker Satz, besonders wenn er von einem wie Fredmund Malik kommt, der professionelles Management zu seinem Thema gemacht hat. Und schon fragen wir uns, die wir wieder mal um unser Geld bangen, wie man der Sprachverwirrung wehren könnte, mit der wohl auch das Schulden-Desaster in Euroland angefangen hat.

Mir ist dazu Wolf Schneider eingefallen, der Grand Old Man der deutschen Sprachkritik, der dieser Tage 85 Jahre alt geworden und weiterhin auf dem Kriegspfad gegen schlechtes Deutsch ist. Er hat dazu aufgerufen, verwirrende Wörter, deren Bedeutungen mit der Zeit verstaubt sind, wenigstens zu "waschen", wenn man sie schon nicht abschaffen kann. Denn: "Was bleibt von der 'Selbstverwirklichung', wenn wir sie gewaschen haben? Was vom 'Naturschutz' und der 'Lebensqualität'? Von regierenden Begriffen also, von denen anschaulich zu machen wäre, warum ein redlicher Mensch sie nur entweder mit einer klaren Erläuterung oder gar nicht mehr benutzen sollte..."

Zur Selbstverwirklichung gehört für den Manager-Coach Malik die Suche nach "neuen Herausforderungen", auf die viele Bewerber sich begeben, wenn sie leistungsorientiert und dynamisch erscheinen wollen. "Genau daran erkennt man in Wahrheit aber ihre Inkompetenz." Denn nicht die Aufgabe ist ihr Bezugspunkt, sondern ihre eigenen Bedürfnisse sind es. "Mit der ihnen zumeist eigenen Mischung aus Naivität und Arroganz, aber ganz im Geist der Zeit, fühlen sie sich zu allem fähig, wenn es sie nur 'herausfordert'", so Malik.

Oder nehmen wir den Spaß. Der ist nachgerade Pflicht. "Viel Spaß!" heißt der kategorische Imperativ unserer Tage, egal was der Anlass ist. Aber: Es "werden auch in Zukunft Toiletten zu putzen sein", und es wird Hilfsarbeiten geben, die niemandem Spaß machen. Da könnte es helfen, zwischen Spaß und Freude zu differenzieren; nicht umsonst bietet die Sprache beide Begriffe an. Und selbst wenn die Arbeit keinen Spaß macht, "können immer noch die Resultate Freude bereiten". Aber Wörter waschen macht schon Spaß.