Patchworkfamilien sind für alle Beteiligten eine Herausforderung - neue Mutter, neuer Bruder und den Vater teilen? Einfach ist das nicht. Blut ist dicker als Wasser. Und wenn das fehlt, sind Konflikte programmiert.

Mutter, Vater, Kind - das ist längst nicht mehr Norm. Jede dritte Ehe in Deutschland wird geschieden. Nach der Trennung tritt früher oder später ein neuer Partner ins Leben der Kinder. Entweder bringt die Mutter ihre Kinder mit in die neue Beziehung oder der Vater. Manchmal auch beide. Oft kommen auch noch gemeinsame Kinder dazu. Eine neu zusammengewürfelte Lebensgemeinschaft entsteht: die Patchworkfamilie. Flickendecke - das klingt lustig, kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass mit diesem Familienmodell zahlreiche Probleme einhergehen.

Die leiblichen Eltern sind zwar getrennt, durch die gemeinsamen Kinder aber immer noch miteinander verbunden. Gefühle wie Wut und Eifersucht müssen dem Nachwuchs zuliebe zurückgestellt werden. Das gilt auch für die neuen Partner, die sich mit dem oder der Verflossenen arrangieren müssen. Und spätestens zu besonderen Anlässen wie Einschulung oder Geburtstag, werden auch die Großeltern des anderen Elternteils ihre Enkel sehen wollen.

Die neue Partnerschaft wird einer Zerreißprobe unterzogen. Unbeschwerte romantische Stunden, wie sie kinderlose Paare am Anfang ihrer Beziehung genießen, sind rar. Wenn "Mama" wieder frisch verliebt ist, werden die Kinder zunächst alles andere als glücklich darüber sein. Denn damit wird der letzte Funke Hoffnung zunichte gemacht, dass die Eltern wieder zusammenkommen. "Es ist ganz normal, dass sie zunächst traurig, wütend oder eifersüchtig reagieren", sagt Barbara Standke-Erdmann (49), Therapeutin bei der Paar- und Familienberatung Connect in Rahlstedt und Wandsbek. Da helfen lediglich eine Riesenportion Geduld und Verständnis. Trotzdem sollte der neue Partner nicht vor den Kindern verheimlicht werden. Denn auch Eltern haben das Recht auf eine neue, glückliche Partnerschaft und müssen sich nicht vor ihren Kindern dafür rechtfertigen. "Ist absehbar, dass die Partnerschaft Bestand hat, kann die neue Liebe auch den Kindern vorgestellt werden", sagt die Familientherapeutin. "Sie sollten aber vor dem Treffen informiert werden, damit sie vorgewarnt sind." Sinnvoll kann es sein, auch den ehemaligen Partner vorher zu informieren.

Doch auch wenn der neue Mann an der Seite der Mutter noch so liebevoll mit den Kindern umgeht und voll in der Familie akzeptiert wird, hat er in den allermeisten Fällen kein Sorgerecht. Dieses bleibt den leiblichen Eltern vorbehalten. Soll der neue Partner etwas entscheiden dürfen, benötigt er eine Vollmacht. Diese berechtigt ihn, auch schwerwiegende Entscheidungen, wie zum Beispiel die Einwilligung zu einer Notoperation, zu treffen. Für den Hausfrieden sollte der Neue aber auch ohne Vollmacht in erzieherischen Fragen ein Mitspracherecht haben - zumindest, wenn er schon eine Weile im gleichen Haushalt wohnt. "Hier kommt es auf die Reaktion der Mutter an und darauf, wie viel Mitspracherecht sie ihm zugesteht", sagt Standke-Erdmann.

Obwohl der neue Partner im Alltag auch Aufgaben eines Vaters übernimmt, rät die Expertin davon ab, dass Kinder auch Papa zu ihm sagen. Es gibt nur einen leiblichen Vater. "Aber es spricht ja nichts dagegen, wenn die Kinder zum leiblichen Vater Papa und zum neuen Mann ,Papa Klaus' sagen." Die Abgrenzung ist wichtig.

Die Töchter der Hollywood-Schauspieler Demi Moore und Bruce Willis haben da ihre eigene und sehr liebevolle Lösung gefunden. Sie nennen ihren Stiefvater Ashton Kutcher "Mod" - "my other dad". Zu Deutsch: mein anderer Vater.