Julius Betschka, 27.

    Mich nervt #MeToo. Ich habe doch keiner Frau etwas getan! Warum soll ich mich damit auseinandersetzen? So ging es mir vor etwa einem Jahr.

    Inzwischen habe ich von wahnsinnig viel Wut gelesen. Wut, die ich verstehe und Wut, die mir teils unverständlich war – und noch ist. So sei er eben der privilegierte Mann, heißt es: Er nutzt seine Macht aus. Warum werden jetzt alle Männer pauschal angegriffen? Das nervt.

    Aber warum tut es das? Weil ich erkenne, dass auch ich Teil des Problems bin. Früher in der Schule haben wir Mädchen mit zu kurzen Röcken als „Nutten“ beschimpft. Eine Frau, die mit mehr als einem Mann geschlafen hatte, galt als „Dorfmatratze“. Das ist #MeToo. Als Rainer Brüderle 2013 einer Journalistin erklärte, dass sie ein Dirndl gut ausfüllen würde, erklärte ich einer Freundin: Eigentlich sei das ja ganz witzig. Heute weiß ich, man selbst merkt selten, wann man sich wie ein Idiot verhält, das ist das Problem. Auch das offenbart #MeToo.

    Das kann gewaltig nerven. Denn natürlich ist Feminismus für uns Männer anstrengend. Macht abgeben, das macht kaum jemand gern. Aber ich will das ertragen. Will genervt sein. Weil ich will, dass Frauen nicht länger als „Dorfmatratzen“ oder „Nutten“ bezeichnet werden – nicht in der Schule und nicht anderswo. Wer kann das nicht wollen?