Aretha Franklin war schwer an Krebs erkrankt, nun ist sie im Alter von 76 Jahren in Detroit gestorben. Mit ihrer unvergleichlichen Stimme schuf sie Klassiker wie „Respect“, die unvergessen bleiben. Nicht nur die Musikwelt trauert um eine Legende

    Sieben Buchstaben machten sie berühmt. R-E-S-P-E-C-T skandierte Aretha Franklin 1967 – eigentlich ein Liebeslied, das zur politischen Hymne wurde. „All I’m asking is for a little respect“, lautet die entscheidende Zeile. „Ich bitte nur um ein bisschen Anerkennung.“ Damit drückte sie aus, wonach sich 20 Millionen Afroamerikaner sehnten. Ihr „Respect“ war die Forderung nach Anerkennung der Rechte der Schwarzen, die ihnen 1964 und 1965 durch den Civil Rights Act und den Voting Rights Act der Regierung Lyndon B. Johnsons auf dem Papier gewährt worden waren, doch die Realität sah anders aus: Besonders im Süden der USA war der Rassismus noch allgegenwärtig. Im Sommer 1967 brannten die Gettos in den amerikanischen Städten, sogenannte Rassenunruhen waren an der Tagesordnung.

    Aretha Franklin lieferte damals den kraftspendenden Soundtrack zur aufgewühlten Zeit, am Donnerstag ist sie im Alter von 76 Jahren an Bauchspeicheldrüsenkrebs gestorben. „In einem der dunkelsten Momente unseres Lebens können wir nicht die angebrachten Worte finden, um den Schmerz in unseren Herzen auszudrücken“, erklärte Franklins Familie. „Wir haben unsere Matriarchin verloren, den Fels unserer Familie.“

    Geboren wurde Aretha Franklin 1942 in Memphis, sie wuchs in Detroit auf. Der Vater, ein Baptistenprediger, fuhr im Bus mit einer Gospeltruppe, zu der auch die kleine Aretha gehörte, durchs Land. Eine harte Zeit, die ihr älterer Bruder Cecil so beschrieb: „Acht oder zehn Stunden durch die Gegend fahren vor dem Auftritt, mit hungrigem Magen an den Restaurants vorbei, und dann noch vom Highway runterzumüssen, um in irgendeiner kleinen Stadt überhaupt was auf den Tisch gestellt zu kriegen, weil man schwarz ist – das hat seine Wirkung getan.“

    Bereits mit knapp 13 Jahren wurde Aretha Franklin erstmals Mutter, das zweite Kind kam mit 14. Aufgezogen wurden die Kinder hauptsächlich von Franklins Großmutter und ihrer Schwester Emma.

    Die erste Plattenaufnahme datiert aus dem Jahr 1956; ein Album voller Gospel-Nummern. Die erste Pop-Platte erschien 1960 bei Columbia Records und war zwar kein kommerzieller Erfolg, ermöglichte ihr aber eine Karriere als Clubsängerin. Seit 1964 war sie dreifache Mutter, das vierte Kind kam 1970. Bereits zuvor wurde sie von Produzent Jerry Wexler für Atlantic Records unter Vertrag genommen. Er produzierte mit ihr das Album „I Never Loved A Man The Way I Love You“, auf dem sich als Eröffnungssong „Respect“ befindet – ein Chartsstürmer. Anders als bei den vorangegangenen Pop-Platten konnte Aretha Franklin jetzt ihre tiefsten Emotionen in den Liedern ausleben. „Wenn ein Song von etwas handelt, was ich selber erfahren habe, dann ist’s gut. Aber wenn mir das Ganze fremd ist, kann ich ihm rein gar nichts mitgeben. Denn davon handelt ja Soul-Musik – vom Leben, so wie es ist, und von dem Zwang sich irgendwie durchzubeißen“, sagte sie. Auf „I Never Loved A Man ...“ findet sich mit „A Change Is Gonna Come“, geschrieben von Sam Cooke, noch ein weiteres Lied, in dem eine gesellschaftliche Umkehr zugunsten der Afroamerikaner gefordert wird.

    Sie sang auch bei Barack Obamas Amtseinführung

    Ganz einfach waren die Aufnahmen 1967 übrigens nicht. Produzent und Label-Chef Jerry Wexler wollte das Album im Muscle Shoals Studio in Tennessee aufnehmen, doch es gab schon am ersten Aufnahmetag Stress, weil einer der Musiker mit Aretha Franklin geflirtet hatte und ihr eifersüchtiger Ehemann ausflippte. Wexler ließ die Hausband aus dem berühmten Studio daraufhin nach New York fliegen und vollendete die Platte dort. „I Never Loved A Man The Way I Love You“ wurde zu einem der überragenden Alben der Soul-Geschichte und begründete Aretha Franklins Ruhm als „Queen of Soul“. Ihr gelang es, die Ekstase des Gospel mit der Erotik des Soul zu verschmelzen.

    In den 60ern und zu Beginn der 70er-Jahre feierte Aretha Franklin große Erfolge. Songs wie „Chain Of Fools“ und „Think“ landeten ganz oben in den Hitparaden, auch ihre nächsten Alben garantierten Atlantic Records und der Künstlerin riesige Einnahmen. Als Soul in den 70er-Jahren von Disco abgelöst wurde, gingen auch die Verkaufszahlen von Aretha Franklin in den Keller. Und sie hatte noch weitere Probleme: Ehen scheiterten, mit Alkohol versuchte sie ihr Lampenfieber zu überwinden. Obwohl ihr immer noch außergewöhnliche Interpretationen gelangen, erreichten ihre Alben zudem nicht mehr die frühere Qualität.

    Anfang der 80er-Jahre feierte sie jedoch ein großes Comeback: mit dem Film „Blues Brothers“, in dem sie die Titel „Respect“ und „Think“ sang. 1985 erreichte ihr Album „Who’s Zoomin’ Who“ Platin-Status in den USA. Außerdem hatte sie eine gute Hand bei der Auswahl ihrer Duett-Partner. Mit Annie Lennox sang sie „Sisters Are Doin’ It For Themselves“ und mit George Michael „I Knew You Were Waiting“. Für das Album „Through The Storm“ (1989) stand sie mit Elton John, den Four Tops, Whitney Houston und James Brown im Studio.

    Die Liste ihrer Erfolge ist lang: 1987 wurde sie als erste Frau in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen, sie hat 20 Grammys gewonnen und etwa 75 Millionen Platten verkauft. Ein weiterer Höhepunkt: ihr Aufritt bei Barack Obamas Amtseinführung im Januar 2009.

    2017 kündigte Franklin ihren Rückzug von der Bühne an. „Dies wird mein letztes Jahr mit Konzerten sein“, erklärte sie in einem Interview – die Fans waren geschockt. Zuletzt trat sie im November 2017 bei einer Aids-Gala in New York auf.

    An Bauchspeicheldrüsenkrebs war Aretha Franklin bereits 2010 erkrankt, jetzt hat sie den langen Kampf verloren, doch ihre Stimme, sie wird unvergesslich bleiben. Und ihre Interpretation von „Respect“ hat im Amerika eines Donald Trump nichts von ihrer Bedeutung verloren.