Olpenitz. Nach der Insolvenz des ersten Investors drohte das Areal zu veröden. Doch ein neuer Geldgeber macht’s möglich: die Wandlung vom Marinestützpunkt zum Ostseeresort Olpenitz

    Von Wasserseite sieht die Küstenlinie kurz vor Schleimünde immer noch seltsam aus. Kräne sind zu sehen, Baustellen, so weit das Auge reicht. Ein Ferienparadies stellt man sich anders vor. Doch Olpenitz soll genau das werden. Und: Im zweiten Versuch könnte es endlich auch funktionieren. Den Eindruck vermitteln zumindest alle Beteiligten im Frühsommer 2018. „Wir sind sehr glücklich über den Fortschritt im Ostseeresort“, sagt beispielsweise Kappelns Bürgermeister Heiko Traulsen. Per Barlag Arnholm, der Geschäftsführer der Helma Ferienimmobilien GmbH, dem Hauptinvestor vor Ort, ergänzt: „Es geht schneller als gedacht voran. Und die Menschen, sowohl die Käufer der Häuser als auch die Urlauber, nehmen unser Resort ausgesprochen gut an.“

    Diese Nachrichten klingen in Olpenitz fast wie ein kleines Wunder. Denn das Areal hat eine lange und nicht immer so positive Geschichte. 1964 entstand hier ein großer Marinestützpunkt, der zwischenzeitlich knapp 2000 Soldaten beherbergte. Anfang dieses Jahrtausends wurde jedoch der Hafen aufgegeben. Ein großer Einschnitt für die gesamte Umgebung und die kleine Stadt Kappeln. Arbeitsplätze und damit auch Kaufkraft gingen verloren.

    Die Rettung schien mit einem Investor mit großen Plänen möglich: 500 Millionen Euro und mehr wollte er hier investieren. Ein Ferienpark mit bis zu 6000 Betten in mehr als 1000 Häusern und Hotels sollten hier entstehen, dazu ein großer Yachthafen. Die Entscheider in Kappeln waren begeistert, ermöglichten auf politischer Ebene fast alle Pläne. Doch schnell stockten die Arbeiten an dem neuen Resort. Nur wenige Häuser wurden überhaupt gebaut. 2011 meldete der ehrgeizige Investor Insolvenz an.

    Kappelns Bürgermeister Heiko Traulsen spricht noch heute von einer „Schockstarre“, die die Gemeinde erfasst habe. „Und um ehrlich zu sein, war das nach der Aufgabe des Marinestützpunkts schon die zweite, die wir hier erlebten.“ Deshalb sei die Freude auch groß gewesen, als die Helma Ferien­immobilien GmbH erst einen Teil des 170-Hektar-Projekts übernommen und 2013 dann auch den Rest des Areals aus der Insolvenz gekauft habe. Das Unternehmen mit Sitz am Kurfürstendamm in Berlin ist eine 95-prozentige Tochter der Helma Eigenheimbau AG aus Lehrte, die restlichen fünf Prozent hält Arnholm.

    „Wir waren beeindruckt von den Plänen und dem Zeitrahmen“, sagt Bürgermeister Traulsen heute. Der neue Eigner speckte allerdings deutlich ab. Statt 500 Millionen Euro und mehr sollten „nur noch“ etwa 350 Millionen investiert werden. Aus 6000 Betten und mehr wurden 4400. Bislang ist nur noch ein Hotel in Planung, zwei kleine Yachthäfen mit zusammen gut 400 Liegeplätzen und eine Hafenpromenade.

    2021 will „Helma“ das Projekt abgeschlossen haben. „Im ersten Moment habe ich gedacht, der Zeitplan ist wirklich sehr ambitioniert“, sagt Traulsen über den neuen Partner. „Ich habe mir immer im Stillen gesagt, wenn 2025 alles fertig ist, reicht das auch.“ Doch bisher überrasche das Unternehmen ihn und seine Kollegen immer wieder mit seinem Tempo. „Sie beweisen uns eigentlich jeden Tag, wie professionell sie alles angehen.“

    Auch Per Barlag Arnholm ist zufrieden mit den Fortschritten in Olpenitz. „Wir kommen ausgesprochen gut voran. Im Bau und im Verkauf.“ So seien für dieses Jahr bis zu 130 Einheiten geplant. Ein Großteil davon bereits verkauft. „Wir realisieren jedes Jahr nur so viele Häuser, wie wir realistisch auch vermarktet bekommen.“

    Die Nachfrage sei groß. Dabei müssen die neuen Eigentümer dank einer Sonderregelung für das Areal den Großteil des Jahres ihre Räumlichkeiten vermieten. Nur etwa drei Wochen können sie es selbst nutzen. „Unsere Käufer sind zumeist kleine privaten Investoren, vielfach aus Hamburg oder Berlin“, sagt Arnholm. Das Investment würde sich lohnen, so der Geschäftsführer. „Die Vermietungspreise steigen gerade deutlich an, obwohl das ganze Areal derzeit ja noch eine Baustelle ist.“ Im Schnitt würden im Sommer rund 1300 Euro wöchentlich für ein Haus oder eine Wohnung mit Platz für vier Personen gezahlt. „Und dabei wird es sicher nicht bleiben.“ Auch deshalb zahlen Käufer bereits recht stattliche Summen für die Objekte. Zwischen 240.000 und 1,25 Millionen Euro ruft „Helma“ derzeit für die Objekte auf. Bei Wohnungen verlangt sie pro Quadratmeter mindestens 3800 Euro.

    Parallel dazu beginnt das Unternehmen zurzeit, die Pläne für das „Fewotel“ zu konkretisieren. Rund 140 Zimmer sollen hier entstehen. Das Hotel funktioniert laut Arnholm für die Gäste selbst wie ein normales Hotel. „Es besteht aber aus Ferienapartments, die an unterschiedliche Käufer in Teileigentum verkauft werden.“ 2019 will das Unternehmen mit dem Bau beginnen. Und wenn es nach den Wünschen von Arnholm und seinen Kollegen geht, soll zudem eine Indoor-Spielhalle gebaut werden.

    Auch auf dem Wasser tut sich in Olpenitz viel. Zum einen sind da die schwimmenden Häuser. 60 Stück baut „Helma“ direkt auf der Ostsee. Ein Projekt, das Arnholm mit Stolz erfüllt. „Für diese Objekte haben wir vor Gericht ein besonderes Urteil erstritten. Wir sind die Ersten, die auch einen Grundbucheintrag mit verkaufen können“, so der Geschäftsführer. Das sei wichtig für die Eigentümer, um die Kosten steuerlich geltend machen zu können.

    Einer der beiden Häfen ist in Hamburger Hand. Ein Investor hat die Wasserfläche gekauft und baut nun Stück für Stück einen kleinen Yachthafen mit rund 300 Plätzen auf. In Kürze soll dann der Seenotrettungskreuzer aus Maasholm nach Olpenitz ziehen (siehe Text rechts). Einen kleinen Hafen mit rund 100 Plätzen baut und vermarktet „Helma“ selbst. Der soll 2019 fertig werden. „Hier werden wir Steg für Steg vorgehen. Und immer erst wenn die Plätze verkauft sind, den nächsten fertigen.“

    „Helma“ plant und baut auf der Südseite des ehemaligen Stützpunktes, das Gebiet des ehemaligen Versorgungs­hafens. Die Grundstücke auf der Nordmole hat der Berliner Rechtsanwalt Rainer Eckert vertrieben, der die Insolvenzverwaltung übernommen hat. Bereits seit rund vier Jahren ist hier alles verkauft, heißt es dazu aus der Hauptstadt. Das Insolvenzverfahren stehe kurz vor seinem Abschluss. Hier, so kann man bei einem Besuch auch deutlich sehen, haben viele private Investoren sich große Ferienhäuser direkt ans Wasser gestellt. Zwischendrin stehen einige noch größere Apartmentanlagen, die zur Vermietung ausgeschrieben sind.

    In Kappeln ist man über diesen Teil des Resorts nicht besonders glücklich. „Um ehrlich zu sein, schön sieht das meiner Ansicht nach nicht aus, weder von Landseite noch von See“, so Traulsen. Er hätte gern gerade den Bau der großen Objekte verhindert. „Das ging aber leider nicht.“ Nun müssen er und seine Kollegen aus der Verwaltung zähneknirschend akzeptieren, dass gerade die Wasserkante auffällig geworden ist und „nicht ins Bild passt“. Aber, so Traulsen. „Ein Insolvenzverwalter muss eben möglichst viel Geld erwirtschaften, und das konnte er mit den wertvollen Grundstücken natürlich.“

    Ansonsten scheint die Zusammenarbeit zwischen der Stadt Kappeln und den Investoren, vor allem der Helma Ferienimmobilen GmbH, bislang recht geräuschlos zu verlaufen. Dennoch wünscht Arnholm sich mehr Unterstützung von offizieller Seite. „Wir waren irgendwie von Anfang an nicht wirklich der Wunschpartner, glaube ich.“ Bisher habe er nicht den Eindruck gehabt, dass die Behörden aktiv versucht hätten, die Pläne für Olpenitz zu unterstützen. „Wir sind da und werden akzeptiert, mehr aber auch nicht.“ Dabei sei doch eines klar. „Wir können wunderbar ohne Kappeln leben, wenn hier erst einmal die ganzen Läden eröffnet sind. Aber Kappeln sollte endlich erkennen, dass es die Besucher von unserem Areal sehr gut gebrauchen kann.“ Arnholm geht noch weiter. „Die Stadt muss schnellstens handeln und die Infrastruktur auf die vielen zusätzlichen Besucher ausrichten.“ Es fehlten beispielsweise Parkplätze. „Hier muss dringend was passieren.“

    Das weiß auch der Bürgermeister. „Was da auf uns zukommen wird, ist gewaltig.“ Nicht nur die Menge der Parkplätze müsse angepasst werden, sondern die gesamte Infrastruktur der Stadt neu gedacht. „Die Straßen müssen überarbeitet und ein besseres Netz im öffentlichen Nahverkehr aufgebaut werden“, so Traulsen. Und dafür sei es höchste Zeit. „Jahrelang haben wir gesagt, wir müssen was tun. Aber nie ist wirklich etwas passiert.“ Das müsse sich dringend ändern. Aber, so der parteilose Bürgermeister weiter: „Wir hatten bisher schlicht und ergreifend einfach nicht das Geld.“ Alles in allem sei es bisher aber ausgesprochen gut gelaufen.

    „Wenn man mal bedenkt, wie schlimm es nach der Insolvenz aussah, dann können wir doch wirklich glücklich sein“, so Traulsen. Nur eins mache ihm das Arbeiten im Moment hin und wieder nicht leicht, sagt er und lacht: „Wenn ich versuche für eines unserer Projekte einen Handwerker zu engagieren, bekomme ich im Moment nur ganz schwer jemanden. Alle arbeiten in Olpenitz.“