Hamburg. Am 15. Dezember laden die fünf Häuser der Kunstmeile Hamburg gemeinsam mit dem Hamburger Abendblatt zum Besuch ihrer spannenden Schauen ein

Das Ziel war: die Aufwertung des Kunststandorts Hamburg. Auch dafür wurde vor gut sieben Jahren die fünf Häuser einschließende Hamburger Kunstmeile gegründet. Obwohl die Museen finanziell mit seit Jahren schwieriger werdenden Bedingungen kämpfen, beweisen alle viel Kreativität und Einsatz. Und doch wäre – auf dem Weg zut international konkurrenzfähigen Kulturmetropole – weit mehr möglich, wenn gerade für Ausstellungen mehr Geld zur Verfügung stünde. Der kürzlich eingeführte, bislang erfolgreiche Drei-Tage-Kunstmeilenpass und die offensivere Vermarktung der Kunstmeile, finanziert aus einem schmalen gemeinsamen Budget und dem Passverkauf, locken bereits jetzt mehr Besucher an.

Am 15. Dezember jährt sich zudem der Hamburger-Abendblatt-Kunstmeilen-Tag. Leser, die den an diesem Tag auf der Abendblatt-Titelseite abgedruckten Coupon vorweisen, können am Freitag von 10 Uhr an die Ausstellungen in der Kunsthalle, im Museum für Kunst und Gewerbe, im Kunstverein, in den Deichtorhallen und im Bucerius Kunst Forum besuchen. Der Tag, findet An­dreas Hoffmann, Geschäftsführer des Bucerius Kunst Forums am Rathausmarkt, „ist sehr wichtig, denn er macht die Kunstmeile für jeden Hamburger erlebbar. Die Meile ist ein lauter und wirkungsvoller Verstärker für die Anliegen des Kunststandorts Hamburg“.

Die immer bedeutendere Triennale der Photographie, die kommendes Jahr von Juni an wieder stattfindet, wäre „ohne die Kunstmeile als Beschleuniger viel weniger erfolgreich“, so Hoffmann. Auch Bert Antonius Kaufmann, Geschäftsführer der Deichtorhallen, findet, dass die Fototriennale „Hamburg als Kulturmetropole nachhaltig stärkt. Dieser gemeinsame Auftritt der großen und bedeutenden Häuser einer Stadt ist für die Fotografie einmalig.“ Zehn Ausstellungshäuser beteiligen sich wieder daran. Diese zusätzliche Kraftanstrengung erfolgt ohne weitere Zuwendungen der Stadt.

Kunstvereinschefin Bettina Steinbrügge, Deichtorhallenchef Dirk Luckow und Andreas Hoffmann monieren daher ausdrücklich, dass es noch immer an einer vom Stadtmarketing mitgetragenen Museumswerbung nach außen fehle, vor allem überregional: „Ohne Unterstützung der Stadt können Museen nicht funktionieren. Man sieht dies insbesondere an Städten wie Wien oder München, wo dies hervorragend läuft“, sagt Steinbrügge dazu.

Die Museen kommen finanziell nur ganz knapp zurecht. „Es fehlt aus meiner Sicht substanziell an internationalem Standard, am finanziellen Back-up“, sagt Dirk Luckow. „Seit Jahren jonglieren die Häuser mit den knappen Mitteln der Stadt, steuern gegen den Dimensionsverlust an, den die Abwesenheit von großer Kunst bedeutet.“

Es seien, betrachte man die Kunstgeschichte der vergangenen 200 Jahre, „nicht die sparsamen Stadträte, die man in Erinnerung behält“, sondern die „Meilensteine künstlerischer Entwicklungen“, betont Luckow. Mit Blick auf die Elbphilharmonie-Eröffnung bemerkt er, die Hansestadt biete mit ihrer Kunstmeile zwar exzellente Voraussetzungen, „aber das reicht längt nicht, um sich international im Reigen der Großen mit einer eigenen programmatisch-inhaltlichen Handschrift signifikant und kontinuierlich zu profilieren“.

Luckow stellt also einmal mehr die Frage nach dem künftigen Niveau der Ausstellungshäuser im Windschatten der Elbphilharmonie. Er selbst will die Deichtorhallen 2018 mit mehr Epochen übergreifenden Ausstellungen profilieren. Immerhin stellen die meisten Museen eine gewisse Wechselwirkung fest: „Die Besucherströme zeigen: Wer für ein Konzert in der Elbphilharmonie nach Hamburg gekommen ist, kommt tagsüber zu uns“, sagt Andreas Hoffmann.

Die Häuser der Kunstmeile gruppieren sich überwiegend schön zentral rund um den Hauptbahnhof. Wegen des dominanten Autoverkehrs, Mülls und diverser Belästigungen ist das auch pro­blematisch. Was das heißt, erklärt Udo Goerke, Geschäftsführer des Museums für Kunst und Gewerbe: „In den letzten Monaten hat sich unser ‘ambivalentes’ Umfeld zugespitzt. Wir haben der Stadt beziehungsweise der Kulturbehörde eine Liste von Vorfällen und Beeinträchtigungen eingereicht und hoffen, dass sich in diesem Punkt bald etwas bewegt.“ Gespräche darüber laufen bereits, gebracht haben sie bisher wenig.

Helfen könnte da auch eine Buslinie vom Bahnhof bis zur Elbphilharmonie: In Berlin und München gibt es sie schon, und auch für Hamburg wünschen sich die Direktoren eine Kultur-Bus-Linie, „sie soll mit einem HVV-Ticket für alle nutzbar sein und würde in einer Art Kreisverkehr fahren“, so Kaufmann. „Diese Busverbindung ist sehr wünschenswert und würde sicher auch von den zahlreichen Besuchern der Elbphilharmonie-Plaza sowie allen HafenCity-Bewohnern und Gästen sehr gut angenommen.“

Zahlreiche Verbindungen existieren aber auch inhaltlich oder werden speziell geknüpft. Kunstverein und Deichtorhallen etwa ergänzen sich hervorragend: „Wir sind vielleicht der kleine, etwas freche Teenager, der aus wenig viel macht und ein wenig Narrenfreiheit hat. Wir können mehr experimentieren und haben nicht alle Vorgaben, mit denen sich große Museen herumschlagen müssen“, sagt Kunstvereinsdirektorin Bettina Steinbrügge mit Blick auf ihre großen Nachbarn.

Der Kunstverein, diese älteste Kunst-Institution der Stadt, sei in diesem Jahr durch sein 200. Jubiläum wieder sichtbarer geworden. „Wir konnten auf seine Arbeit für und mit der Stadt verweisen. Das haben viele Menschen nicht gewusst und führte zu einem Perspektivwechsel.“ Die Auswirkungen kann die Direktorin auch an steigenden Mitgliederzahlen messen.

Dagegen ist das nahe Museum für Kunst und Gewerbe mit seiner komplexen, auch kulturell vielschichtigen Sammlung im Zentrum der Kunstmeile das einzige Haus, das eher selten Kunst im klassischen Sinne zeigt. Fast das gesamte Museum wurde modernisiert, und auf jeder Etage ist die sehr unterschied­liche Präsentation der Sammlung aufs Schönste geglückt. Ein kreatives Zusammenspiel der Genres „demonstriert gerade unsere Ausstellung „Tiere. Respekt/Harmonie/Unterwerfung“, erklärt Direktorin Sabine Schulze. Darin begegnen sich Werke aus verschiedenen Epochen und Kulturkreisen, große Namen wie Dürer, Marc und Klee mit kultischen Objekten und Exponaten der Populär­kultur, und es geht generell um das Verhältnis zwischen Mensch und Tier.

Ob mit oder ohne Bus, hat sich bei Kunsthallendirektor Christoph Martin Vogtherr und seinem Geschäftsführer Norbert Kölle schon eine echte Vision im Kopf verankert. In vielleicht zehn Jahren, so wünschen sie sich, sei die Kunstmeile „eine gut vernetzte Gruppe von Kulturinstitutionen, die das Bild des kulturellen Hamburg überregional mitbestimmt“.

Außerdem, und das meinen sie ganz ernst, stellen sie sich eine einladende Flaniermeile vor, „einen echten Boulevard von der Kunsthalle über das Museum für Kunst und Gewerbe bis zu den Deichtorhallen. Ein Genuss für Flaneure auf ihrem Weg zur weltstädtischen Kunst“. Dieser imaginierte Korso könne zu einer Gegend werden, von der sich „alle angezogen fühlen, um hier entlangzuspazieren, hier zu verweilen und von Zeit zu Zeit in den Häusern die Kunst zu besuchen“.