Die Elbphilharmonie macht es möglich – unzählige ausländische Medien haben die Hansestadt neu entdeckt. Ein Streifzug durch die Welt

Zwischen Himmel und Hölle liegen manchmal nur ein paar Wochen – und ein G20-Gipfel: Noch am 17. Juni feierte Deutschlands führendes Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ die „Hauptstadt Hamburg“. An der Ericusspitze sah man gar das „Comeback einer Metropole“ und machte den Aufschwung nicht nur an der Elbphilharmonie, sondern am Lebensgefühl, dem Gründergeist und dem Sieg der Kammerrebellen fest. Beim „Spiegel Online“-Kolumnisten Jan Fleischhauer, einem gebürtigen Hamburger und Wahlberliner, las sich das am 20. Juli schon anders: „Hanseaten, bleibt besser im Garten“, lästerte er. „Was Hamburg definitiv nicht ist: irgendwie hip oder großstädtisch.“ Und: Wenn der Hamburger „es mal so richtig krachen lassen will, zieht er sich eine rote Hose an und trinkt einen Hugo mehr, als ihm guttut.“ Da war Hamburg in der deutschen Medienwahrnehmung wieder zurückgestutzt.

Viel spannender aber als das Hochschreiben und Niedermachen diverser Städte ist die Wahrnehmung Hamburgs im Ausland. Und da hat sich – unabhängig vom G20-Gipfel – viel getan. Die „New York Times“ befand in ihrem Reiseteil im Juni, dass die Hansestadt eine der zehn attraktivsten europäischen Städte am Wasser ist: Die Auszeichnung haben sich Övelgönne und die beiden Strandbars Strandperle und Ahoi verdient – und dieses typisch Deutsche daran, „das Gegenüber von Strand und Industrie, von Entspannung und pulsierendem Handel“.

Hamburg ist „Großbritanniens Tor zu Europa“

Der „Guardian“ schwärmte schon im Februar vom Miniatur Wunderland, der neuen Elbphilharmonie und dem Braugasthaus „Altes Mädchen“. Überhaupt blicken die Engländer derzeit mit besonderem Interesse nach Hamburg, der Brexit macht’s möglich. Wenn es darum geht, Standorte in der EU zu finden, ist auch die „britischste Stadt“ Deutschlands im Gespräch. Das Wirtschafts­magazin „New European Economy“ hob die Hansestadt in seiner aktuellen Ausgabe sogar auf sein Cover und nannte die Stadt „Großbritanniens Tor nach Europa“. Eine Stadt sei nach dem Brexit im Wettbewerb um Firmen aufgetaucht, die wie keine zweite für eine traditionsreiche Wirtschaftsbeziehung zum Vereinten Königreich stehe: Hamburg. Im Interview fragen die Journalisten den Geschäftsführer der Hamburger Wirtschaftsförderung, was Hamburg im Gegensatz zu London hat: „Hamburg hat gerade Momentum“, antwortet HWF-Chef Rolf Strittmatter. „Die Eröffnung der Elbphilharmonie hat einen Gründergeist nach Hamburg gebracht.“ Und „Der nächste große Schritt wird die Eröffnung des weltgrößten Röntgenlasers XFEL.“ Hamburg entpuppt sich nicht nur als Musikstadt, sondern auch als Wissenschaftsmetropole.

Insgesamt, so hat es Hamburg Marketing ermittelt, kam die Hansestadt zwischen Februar 2016 und Mai 2017 weltweit auf 47.000 Veröffentlichungen in Print und Onlinemedien. Besonders populär ist die Hansestadt in Österreich – hier kam Hamburg auf 1485 Veröffentlichungen, dahinter folgen schon China mit 785 Veröffentlichungen und die USA mit 771 Publikationen.

In den Vereinigten Staaten stürzten sich Kunst- und Architekturmagazine auf die Elbphilharmonie, aber auch hochauflagige Publikationen wie „National Geographic“ („Berlin may rock, but Hamburg floats“), „Bloomberg“ (mit einer Reisewarnung für Februar und November: „Regen, Regen, wegbleiben“) oder das „Wall Street Journal“ („Die Elbphilharmonie macht die Welt neidisch auf Hamburg“). Und der „New Yorker“ lobt, dass die Aufregung um die Elbphilharmonie gezeigt habe, dass „klassische Musik ihren erhabenen Platz in der deutschen Kultur nicht verloren“ habe.

„Le Monde“ rückte den Bau sogar auf den Titel

Auch in Großbritannien kamen Mediennutzer kaum am Konzerthaus vorbei: Die „Financial Times“ nennt den Bau eine „Musicbox der Freude“, der „Economist“ konstatiert, die Elbphilharmonie war alle Kosten und Verzögerungen wert, und „Icon“ meint: „Teuer, aber perfekt“. Die „Sunday Times“ prophezeit, die Stadt könne vom Konzerthaus profitieren wie Sydney von seiner Oper – und „The Mirror“ schickt die Besucher gleich weiter ins Alte Mädchen, auf Beatles-Tour oder auf die Reeperbahn. Die „Huffington Post“ wiederum staunt über die Weltoffenheit, dass die Stadt „fest zum Ozean, zum Horizont blickt“. Die französische „Le Point“ schwärmt über die Elbphilharmonie als „Flaggschiff der Musik“, „Le Monde“ rückte den Bau sogar auf den Titel. Das „Luxemburger Wort“ zitiert den international bekannten (!) Lotto King Karl und titelt: „Hamburg, deine Perle“.

In Holland überschlägt sich „De Volkskrant“ mit „Prinzessin an der Elbe“, „De Telegraaf“ mit „Kronjuwel“. Da ist man fast froh, auch mal eine Schlagzeile wie „Skandal! 700 Millionen Euro zu teuer“, wie im „NRC Handelsblat“ zu lesen. Kritisch kommt auch „Der Standard“ aus Österreich daher: „Der Größenwahn schaufelt Millionengräber“.

Die „Schweiz am Sonntag“ kommentiert: „Wir können in puncto Kultur-Demokratie von Hamburg lernen“, der „Tages-Anzeiger“ schwärmt vom „Jahrhundertbauwerk“, die „Neue Zürcher Zeitung“ prophezeit, die Elbphilharmonie, „der höchste Leuchtturm im Norden“, werde in Zukunft das „neue Hamburg-Gefühl in alle Welt senden“. Ein neues Hamburg-Gefühl in alle Welt senden? Die Medien haben es schon getan.