Hamburg.

„Ich glaube, ich spinne“, das musste der G20-geplagten Laeisz-hallenbesucherin vor Konzertbeginn dann doch noch entfahren – spätestens Sonnabendabend reichte es vielen Hamburgern dann mit den absperrungsbedingten Umwegen. Sie schaffte es aber wie die meisten pünktlich zum als allgemeines „Friedenskonzert“ und im besonderen als „Deutsch-Chinesisches Freundschaftskonzert“ deklarierten Abend mit dem World Peace Orchestra.

Der Eintritt war gratis, das Publikum leger gekleidet und, wie von Friedensorchester-Dirigent Justus Frantz („Hamburg musste in diesen Tagen viel auf sich nehmen, jetzt dürfen Sie sich erholen“) intendiert, absolut im Begeisterungsmodus. Schon als Frantz Zang Yunfeis Komposition „Qomolangma“ als Welturaufführung ankündigte, applaudierte das Publikum dankbar. Die Menschen im Westen kennen den Qomolangma als Mount Everest.

Ein sinnvolles Programm: Nach den G20-Aufgeregtheiten wurde nun der Gipfel der Hochkultur erklommen. Dort zeigt sich menschliche Schaffenskraft meist in ihren schönsten Klängen. Der Autoanzünder mit seinen niederen Beweggründen stünde in dieser Logik für das Flachplateau dessen, wozu der Mensch fähig ist. Ein Klassikmassiv überwand das Frantz-Orchester gemeinsam mit dem Staatlichen Chor Kaunas und dem Tölzer Knabenchor im Hauptteil des Konzerts: Carl Orffs „Carmina Burana“ nämlich, den Gassenhauer aus dem Bereich der ernsten Musik. Mit den drei fähigen Solisten Claudia Boyle (So­pran), Gary Griffiths (Bariton) und Algirdas Bagdonavicus (Countertenor) spielten und sangen sich die Musiker engagiert durch die Orff-Komposition.

Der – stehend vorgenommene – Applaus nach dem letzten Ton fiel stürmisch aus. Vielleicht, weil jeder hier erleichtert war, Zeuge eines konstruktiven Tuns geworden zu sein, dem Gemeinschaftswerk eines multinationalen Orchesters, das völkerverbindend sein will und nicht spaltend. Dass sein Konzert als Kontrastmittel gegen die größtenteils scheußliche Bilderflut der Hamburger Chaostage gerade recht kommen würde, dürfte Justus Frantz so nicht vorhergesehen haben. Gesponsert wurde das Konzert übrigens von chinesischen Sponsoren. Beim Rausgehen war das Erste, was der Besucher der Laeiszhalle sah, Blaulicht. Ganz vorbei war der Ausnahmezustand noch nicht.