Wenn die Maschine des US-amerikanischen Präsidenten kommt, wird der Luftraum über Hamburgrigoros abgesperrt. Insgesamt rechnet Fuhlsbüttel mit mindestens 30 Regierungsflugzeugen

Der große, vierstrahlige Jet mit dem markanten Buckel, lackiert in Weiß, Blau und Hellblau, ist das wohl berühmteste Flugzeug der Welt. Man muss kein Luftfahrt-Fan sein, um die Air Force One des US-Präsidenten zu erkennen. Auf der anderen Seite ist aber kaum ein anderes Flugzeug von so vielen Geheimnissen umgeben. Zwar tauchen immer wieder einmal Fotos auf, die den Präsidenten hinter seinem Schreibtisch oder in einem großzügigen Lounge-Bereich mit Ledersofas zeigen. Grafiken geben an, wo sich etwa das Schlafzimmer von Donald Trump, die Küche oder der ständig einsatzbereite Operationssaal befinden.

Doch all diese Schemazeichnungen sind zumindest lückenhaft. Denn was sich tatsächlich alles in diesem ganz besonderen Jet befindet ist buchstäblich ein Staatsgeheimnis. Die meisten der 70 Passagiere, die zum Beispiel als Medienvertreter oder als Mitglieder des Präsidentenstabes mitfliegen können, dürfen den vorderen Teil des Innenraums mit seinen insgesamt 370 Quadratmetern Grundfläche nicht betreten. Außer dem Präsidenten selbst, seiner Familie und engsten Mitarbeitern ist das nur Luftwaffenangehörigen mit spezieller Berechtigung gestattet. Zwei Agenten des Secret Service sind speziell dafür abgestellt, darüber zu wachen.

Genau genommen gibt es nicht nur eine Air Force One – und diese Bezeichnung ist auch nicht an ein ganz bestimmtes Flugzeug gebunden. Jedes Fluggerät der US-Luftwaffe erhält in dem Moment, in dem es der Präsident betritt, das Funkrufzeichen Air Force One. In der Regel aber handelt es sich um einen von zwei nahezu identisch ausgestatteten Jumbojets.

Das amerikanische Militär führt die beiden Maschinen, die auf der Luftwaffenbasis Andrews nahe Washington D.C. stationiert sind, unter der Typenbezeichnung Boeing VC-25A. Für den Weg vom Weißen Haus zu ihrem Heimatflughafen nutzt Trump einen von der US-Marine-Infanterie betriebenen Hubschrauber, der dann das Rufzeichen „Marine One“ bekommt.

Die beiden Boeing 747 sind fliegende Kommandozentralen

Während sich die US-Luftwaffe zu vielen der besonderen Eigenschaften und Fähigkeiten der beiden Präsidentenjets aus Sicherheitsgründen nicht äußert, gehört es zu den gesicherten Erkenntnissen, dass die Maschinen im Krisen- oder Kriegsfall auch als fliegende Kommandozentrale genutzt werden können – schließlich ist der Präsident der oberste Befehlshaber der US-Streitkräfte. Zu diesem Zweck ist die Elektronik gegen den elektromagnetischer Impuls von Atombombenexplosionen abgeschirmt.

Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 erhielten die beiden VC-25A ein zusätzliches Ausstattungsmerkmal: Der Präsident kann nun von jedem Ort der Welt aus per Satellit eine Ansprache an die Nation senden. George W. Bush, der zum Zeitpunkt der damaligen Anschläge mit der Air Force One im amerikanische Luftraum unterwegs war, hatte für seine Fernsehansprache auf einer Luftwaffenbasis landen müssen.

Selbstverständlich sind in den Präsidentenfliegern auch Abwehreinrichtungen gegen Raketenangriffe eingebaut. Sobald ein radargelenktes Geschoss im Anflug wäre, kämen Störsender zum Einsatz. Außerdem würde eine dichte Wolke von kleinen Metallfolien ausgestreut werden, die die Radarstrahlen der Rakete reflektieren sollen.

Handelt es sich hingegen um eine Rakete mit Infrarotsuchkopf, der auf den heißen Abgasstrahl der Triebwerke reagiert, kann der Sensor durch Laserstrahlen geblendet werden. Zwar gehört letztere Abwehreinrichtung zu den Ausrüstungsgegenständen, über die die US-Luftwaffe nichts sagt. Derartige Systeme sind aber schon seit Jahren auf dem Markt – und sie sind auch in Regierungsfliegern anderer Staaten eingebaut.

Wie jedes dieser Flugzeuge hat die Air Force One stets Vorrang gegenüber allen anderen Luftfahrzeugen. Beim OSZE-Treffen im Dezember wurde der Luftraum über Hamburg für Privatflugzeuge tagelang gesperrt, zum G20-Gipfel 2014 im australischen Brisbane wurde der dortige Flughafen während der Ankunft der Air Force One für 40 Minuten komplett geschlossen. Weil manche Delegationen mit mehr als einem Jet kommen werden, erwartet man in Fuhlsbüttel mindestens 30 Regierungsflieger.

Während der gewissermaßen „eingebaute Vorrang“ der Air Force One nichts Besonderes ist, unterscheidet sie ein technisches Detail von den Jets praktisch aller anderen Staats- und Regierungschefs: Weil die beiden VC-25A in der Luft betankt werden können, sind sie in der Lage, von jedem Ort auf der Welt ohne Zwischenlandung zurück nach Washington zu fliegen.

Dabei basieren diese Maschinen auf dem eigentlich längst veralteten Boeing-Passagierjet 747-200, den zum Beispiel die Lufthansa bereits im Jahr 2002 ausmusterte. Die VC-25A stehen seit 1990 im Dienst der US-Regierung, sie transportierten seitdem fünf Präsidenten und sollen mindestens bis 2024 weiter genutzt werden.

Schon kurz nach seinem Wahlsieg beschwerte sich Donald Trump bei Boeing über die Kosten für das geplante Nachfolgemodell, angeblich mehr als vier Milliarden Dollar (3,8 Milliarden Euro). Dieser Nachfolger würde auf der neuesten 747-Generation beruhen.