500 Beschäftigte der Stadt hegen und pflegen mehr als 300 Grünanlagen. Zwei von ihnen sprechen im Abendblatt über Lust und Leid – und verraten ihre Geheimtipps

Der Mai ist vielleicht die schönste Jahreszeit, um in Parks und Grünanlagen eine einmalige Farbenpracht zu genießen. Nicht nur Rhododendren, Azaleen, Goldregen und Flieder blühen. Es ist eine Einladung zum Spazierengehen und zum Lustwandeln. Vor allem ist es ein Gratis-Angebot. Wer daheim einen Garten hegt, weiß, wie viel Arbeit und Mühe dahintersteckt.

Rund 35 Millionen Euro lässt sich Hamburg Pflege, Unterhaltung und Neugestaltung des öffentlichen Grüns kosten. An damit verbundenen Personalkosten kommen 16 Millionen Euro hinzu. Unter dem Strich bringt die Stadt Jahr für Jahr also etwa 51 Millionen Euro auf, damit Hamburg das Prädikat „grüne Metropole“ mit Fug und Recht trägt. Etwa 500 Mitarbeiter sind damit beschäftigt – organisatorisch in den Behörden und praktisch vor Ort.

Doch was steckt hinter diesen Zahlen? Was wird unternommen, damit es allerorten gepflegt grünt und blüht? Wie wird das organisiert? Etwa 300 Parks und Grünanlagen gibt es in der Hansestadt, die einen offiziellen Namen tragen. Ungezählte namenlose Grünstreifen und Wiesen kommen hinzu.

Wir haben uns mit zwei Profis auf den Weg gemacht, diesem Thema auf den Grund zu gehen: Heino Grunert, Gartendenkmalpfleger und Landschaftsplaner im Dienst der Umweltbehörde, und Hajo Schaefer, Abteilungsleiter Stadtgrün des Bezirksamts Altona. Einer wie der andere gilt als Fachmann mit jahrzehntelanger Erfahrung, aber auch als Mensch mit Herzblut und Leidenschaft für die gestaltete Natur.

Treffpunkt ist der Jenischpark in Othmarschen, einer der beliebtesten, ältesten und ansehnlichsten Parks des Nordens. Nur sehr wenige Großstädte können ein historisch gewachsenes Erbe dieser Art vorweisen. Begeistert zeigen die beiden den uralten Baumbestand, eine vor 200 Jahren bewusst angelegte Kulturlandschaft mit Kontrasten, Sichtachsen und Höhenunterschieden. Einige Eichen hier sind 300 bis 400 Jahre alt. Der Spaziergänger muss gar nicht alle Details wissen; Er soll sie spüren und sich wohlfühlen.

Mit 148 Hektar ist der Stadtpark in Winterhude von der Größe her die Nummer eins. Heino Grunert kennt dort praktisch jeden Grashalm. Zum 100-jährigen Bestehen im Jahr 2014 war er Herausgeber eines Buchs mit dem Titel „Betreten erwünscht“. Es folgt der Volkspark in Bahrenfeld mit 143 Hektar. Die weiteren Plätze: Öjendorfer Park (94 Hektar), der Harburger Stadtpark (57 Hektar), der Inselpark (47 Hektar) sowie der Jenischpark und die Wallanlagen mit jeweils rund 42 Hektar. Der Ohlsdorfer Friedhof übertrifft alle; er umfasst 392 Hektar.

Natürlich ist Größe nicht gleich Schönheit. Manches Kleinod wie der Wesselhoeftpark in Nienstedten oder der Römische Garten in Blankenese weisen einen ganz besonderen Zauber auf. Allein im Bezirk Altona sind 700 Hektar Parkanlagen und Grünflächen verzeichnet. Wer sich für Zahlen interessiert, kann bei den Bezirksämtern fündig werden.

„Wie viel kostet welche Grünanlage in Altona?“ heißt es zum Beispiel in einer 24-seitigen Broschüre. Präzise sind in diesem Rechenschaftsbericht Größe, Pflegemaßnahmen, Gesamtkosten und Ausgaben pro Quadratmeter aufgelistet. Die Zahlen stammen zwar aus dem Jahr 2012, geben jedoch einen Hinweis. So werden für den Jenischpark rund 155.000 Euro jährlich aufgebracht, für den Dahliengarten 136.000 Euro und für den Hirschpark 107.000 Euro. Die Organisation auf Hamburger Stadtgebiet sieht so aus: In der Abteilung Landschaftspflege und Stadtgrün der Umweltbehörde arbeiten etwa 35 Menschen quasi auf ministerieller Ebene. Die sieben Bezirke unterhalten jeweils ein Amt für Stadtgrün. Aufgaben sind Planung, Unterhaltung und Neubau der Grünflächen vor Ort. In Altona sind dort 23 Mitarbeiter beschäftigt, in der Stadt insgesamt rund 150. Die angegliederten „Bauhöfe“ sind für praktische Einsätze in den Parks und Grünanlagen zuständig, beispielsweise für Rasenmähen und Müllbeseitigung. Teilweise werden Fremdfirmen beauftragt – unterm Strich also insgesamt rund 500 Menschen. Ausgeklammert sind Friedhöfe und das Hafengebiet.

Es mangelt allerdings an gut ausgebildeten, jüngeren Fachleuten. Eingeweihte schätzen, dass das Personal in den Hamburger „Bauhöfen“ in den vergangenen Jahren sogar um 30 Prozent verringert wurde. Davon profitieren private Unternehmen, die mehr Aufträge erhalten.

„Oft sehen die Leute gar nicht, wie viel Arbeit und Mühe notwendig sind“, sagt Hajo Schaefer. „Die Hamburger Parks stellen eine kulturelle Leistung dar, auf die unsere Stadt stolz sein kann“, ergänzt sein Landschaftsplaner-Kollege Heino Grunert.

Ein großes Problem:immer mehr Müll

Und was fällt konkret an alltäglichen Aufgaben an? Die Liste ist lang. Ein paar Beispiele: Pflege der Rasenflächen, Wiesen, Bäume, Gehölzer und Stauden. Säubern der Wasserabläufe und Wege, Ebnen von Löchern, Beseitigung von Gräsern. Nachpflanzungen, Brückenwartung, Beleuchtung, Beschilderung, Zäune, Tore. Beseitigung von Sturmschäden.

Ein großes Problem: Die Hamburger werfen immer mehr Müll in die Grünanlagen. „Im Mai und Juni nutzen wieder viele Besucher die Parks und hinterlassen leider Berge von Abfall“, weiß Grunert. „Wir bemerken eine unglaubliche Vermüllung“, fügt Schaefer hinzu. Man wünsche sich einen „respektvolleren Umgang“ mit den Anlagen in der Natur. Auch der Vandalismus nimmt von Jahr zu Jahr zu. Zudem klagen zahlreiche Parknutzer über frei laufende Hunde, obwohl das eigentlich nicht überall so sein darf.

Vom kommenden Jahr an übernimmt die Hamburger Stadtreinigung die Sauberhaltung der Grünanlagen. Das dadurch eingesparte Geld in Höhe von 1,1 Millionen Euro kann dann für die Pflege der Anlagen eingesetzt werden. Beim Thema Geld halten sich beide dennoch lieber zurück. Zwar hat Hamburg einen guten Ruf als grüne Metropole, dennoch wird hier im Städtevergleich relativ wenig Geld dafür ausgegeben. Bei steigenden Kosten und immer mehr Personalabbau droht in den kommenden Jahren eine Kürzung der Gelder für Pflege und Unterhaltung um 20 Prozent. Der „Naturcent“ aus gestiegenem Grundsteueraufkommen kann das nur teilweise wettmachen. Durch diese Einnahme stellt die Bürgerschaft 2017/18 zusätzlich drei Millionen Euro zur Verfügung, davon zwei Drittel für ökologische Verbesserungsmaßnahmen im öffentlichen Grün und den Rest für Naturschutz.

Den Vorwurf, zu viele Bäume zu fällen, wollen die beiden Fachleute nicht stehen lassen. „Wir haben den Etat für Pflege und Nachpflanzungen aufgestockt“, sagt Heino Grunert. Letztlich blieben den Bezirksämtern mehr Geld für diese Pflege. „Jeder Förster muss in seinem Wald auch fällen“, sagt Hajo Schaefer. In den Hamburger Parks, stellen beide übereinstimmend klar, „gibt es keinen Verlust an Baummasse“. Klares Ziel der Umweltbehörde sei es, dass für Parks und Grünanlagen auch langfristig „genug oder sogar zusätzliches Geld vorhanden“ ist.

Diese Fakten kommen bei Cappuccino und Streuselkuchen im Café des Jenisch-Hauses auf den Tisch. Beim anschließenden Spaziergang durch den Jenischpark folgt die Schlussfrage: Was lohnt sich in dieser Jahreszeit besonders? Und welche weniger bekannten Grünanlagen können die fachkundigen Herren persönlich empfehlen?

Schaefer rät aktuell zu Besuchen im Schulgarten des Volksparks, im Antonipark auf St. Pauli, am Außenmühlenteich im Harburger Stadtpark sowie im Wohlers­park in Altona-Altstadt. Grunert nennt die Rhododendronblüte im Stadtpark und in Ohlsdorf, die vierreihige Lindenallee im Hirschpark, einen Sonnenuntergang im Römischen Garten oder den Öjendorfer See im Sommer. Es herrscht Einigkeit: Es gibt viele Ecken, die einen Spaziergang lohnen – gerade auch abseits angestammter Wege. Es ist ausreichend Platz: Hamburg weist 3267 Hektar öffentliche Grünflächen auf – das entspricht etwa 4576 Fußballfeldern. Davon kann manche Millionenstadt nur träumen. Der insgesamt anständige Zustand ist alles andere als ein Zufall.