Was müssen Hamburg
und der Bund jetzt tun?

Selbst unter Experten wird nicht angenommen, dass das Gericht die Elbvertiefung endgültig stoppt. Bei einem negativen Urteil ist es wahrscheinlicher, dass die Leipziger Richter bestimmte Punkte bemängeln, die die Elbvertiefungsplaner von Hamburg und dem Bund nacharbeiten müssen. Handelt es sich um kleine Mängel, wie fehlende Zusicherungen über besondere Rücksichtnahme beim Bau, so dürfte das Problem innerhalb eines Jahres gelöst sein. Handelt es sich um große Mängel, wie etwa fehlende Ausgleichmaßnahmen, müssen massive Planergänzungen vorgenommen werden. Dauer: zwei bis vier Jahre. Rein theoretisch ist es auch möglich, dass das Gericht das Verfahren noch einmal an den EuGH überweist. Auch dann würde sich das Verfahren um etwa ein Jahr verlängern. Allerdings wird von dieser Entscheidung kaum ausgegangen.

Was bedeutet das Urteil für
die Schifffahrt auf der Elbe?

Der Hamburger Hafen spielt eine besondere Bedeutung als Anlandepunkt im Asien-Europa-Verkehr. Gerade auf dieser Route werden die weltgrößten Containerschiffe eingesetzt. Davon gibt es immer mehr, während kleinere Größen außer Dienst gestellt werden. Von 2014 auf 2015 hat sich die Zahl der Hamburg-Anläufe von Schiffen, die mehr als 14.000 Standardcontainer tragen können, auf 150 fast verdoppelt, auch 2016 wuchs die Zahl weiter an. Damit wuchs aber auch die Zahl von Meldungen, dass Schiffe auf dem Weg nach Hamburg wegen fehlenden Tiefgangs umdrehen oder aufgrund ihrer außergewöhnlichen Breite stundenlang vor der Einfahrt warten mussten. Wenn die Fahrrinne nicht ausgebaut wird, dann werden die Einschränkungen etwa für Begegnungsverkehr auf dem Fluss erheblich zunehmen.

Wie werden die Reedereien
dann reagieren?

Die Schifffahrtsbetriebe achten aufgrund der derzeit geringen Frachtraten sehr auf eine Reduzierung ihrer Betriebskosten. Werden ihre Schiffe wegen der zeitlichen Beschränkungen bei der Ein- und Ausfahrt nach Hamburg unpünktlich, steigert das die Kosten. Müssen vorher andere Häfen zum Leichtern angelaufen werden, weil die Schiffe mit ihrem Tiefgang nicht die Elbe hinaufkommen, steigen die Kosten auch. Noch tragen viele Reedereien den Mehraufwand, weil sie auf die Elbvertiefung hoffen. Sollte das Gericht jetzt anders urteilen, dürften die Unternehmen beginnen, sich umzuorientieren. Andere nordeuropäische Häfen sind leichter und damit kostengünstiger erreichbar. Großschiffe würden umgelenkt und Hamburg nur noch mit kleineren Schiffen angelaufen werden.

Was bedeutet das Urteil
für die Hafenwirtschaft?

Aufgrund des hohen Aufkommens an lokaler Ladung, die in der Metropolregion ihr Ziel hat, werden auch künftig Schiffe nach Hamburg kommen. Jedoch verlöre der Hafen in einem schleichenden Prozess seine Stellung als großes europäisches Verteilzentrum von Seegütern. Hamburg würde zum Regionalhafen degradiert. Der Umschlag würde sich drastisch verringern, und die Betriebe müssten die Beschäftigtenzahlen abbauen. Ganz besonders würde dies die HHLA treffen, die 90 Prozent ihres Umschlags ausschließlich in Hamburg durchführt. Der ehemalige Vorstandschef der HHLA, Klaus-Dieter Peters, maß der Elbvertiefung eine „existenzielle Bedeutung“ für sein Unternehmen zu.

Was ergibt sich daraus für
die Hamburger Wirtschaft?

Hamburgs Abstieg zum Regionalhafen würde nicht nur den Umschlagbetrieben, sondern der gesamten Logistik dahinter schaden. Speditionen, Lkw-Betriebe und Bahnunternehmen müssten sich auf weniger Aufträge in Hamburg einstellen. Der Haushalt der Hansestadt müsste sich auf geringere Steuereinnahmen gefasst machen. Noch trägt der Hafen jährlich 910 Millionen Euro zum Steueraufkommen der Stadt bei. Schließlich erhält die Stadt erhebliche Summen aus HHLA-Dividenden, da sie mehr als 68 Prozent an dem Unternehmen hält. 2015 waren es 29 Millionen Euro. Auch diese Zahlungen würden bei einer geringeren Auslastung zurückgehen.