Jana Marko und Alexander Gérardhatten die Idee fürdie Elbphilharmonie.2004 wurden sie vonder Stadt aus den Verträgen herausgekauft

Das Elbphilharmonie-Prototyp-Modell von damals haben sie natürlich noch, und natürlich geben Jana Marko und Alexander Gérard es nicht her. Denn obwohl diese Miniaturausgabe – genau so groß, dass sie maßstabsgetreu am Ende des Kaiserkais in das HafenCity-Stadtmodell im Kesselhaus in der Speicherstadt passen würde – nur eine feine Bastelarbeit aus Holz und Kunststoff ist, ist sie gleichzeitig auch das erste Dokument für die Zeit­geschichte, das sagt: Wir waren das, niemand sonst. Die Idee hatten wir. Das kann uns niemand nehmen.

Im Kesselhaus durften die beiden am 26. Juni 2003 ihre Vision eines Konzertsaal-Gebäudes oberhalb vom Kaispeicher A nicht präsentieren, also fand die erste öffentliche Erklärung einer Idee namens Elbphilharmonie im unscheinbaren Studio E der Laeiszhalle statt. Im Souterrain des Konzerthauses, wie ein Kellerkind. Doch von da an ging’s voran und steil bergauf.

Die Kunsthistorikerin und der Projektentwickler finden in der langen und wechselvollen Vita der Elbphilharmonie unter der Bezeichnung „die Initiatoren“ statt. Sie waren es, die den guten Draht zu den Basler Weltklasse-Architekten Jacques Herzog und Pierre de Meuron hatten, weil Gérard sie noch vom Architekturstudium her kannte.

Sie waren es auch, die als „emotionale Hausierer“ (Marko) in der Anfangsphase jahrelang erst diskret hinter, dann nachdrücklich vor den Kulissen für ihr Konzept warben, dem die Basler mit der genialen Idee einer gläsernen Diadem-Welle hoch über den Wellen der Elbe eine ebenso provokante wie griffige Form gaben. Und: „Das Glück war auf unserer Seite“, erinnerte sich Marko. Die Idee begann zu fliegen, trotz oder eher auch gerade wegen des anfänglichen Gegenwinds aus vielen Richtungen.

Das Initiatoren-Paar hatte für sich beschlossen, dass der Stadt für die Entwicklung in Richtung Hafen „etwas Wesentliches fehlte – ein kulturelles und soziales Zeichen, um einen Stadtteil entweder zu entwickeln oder ihn an die Stadt heranzuführen“. Die Debatte um die Nutzung – oder besser: Nichtnutzung des historischen Kaispeichers A an einer zentralen Adresse ärgerte sie, erinnert sich Gérard, „dagegen wollten wir etwas unternehmen“.

Marko und Gérard wollten kein Wahrzeichen um seiner selbst willen bauen, um lediglich den Wahrzeichen-Fundus der Hansestadt aufzufüllen. Sie wollten vor allem eine kulturpolitische Misere beenden. Denn keine andere Stadt der Größe Hamburgs hat nur einen einzigen Konzertsaal, in dem sich alles ballte und gleichzeitig auch nichts zur programmatischen Profilierung passierte, weil es der damaligen Kulturpolitik hier offenkundig wurst war. Denn sonst hätte sie ja in die Laeisz­halle als Spielstätte investiert und sie nicht nur verwalten lassen. Nicht alle Aspekte des ursprünglichen Konzepts schafften es letztlich bis in die Wirk­lichkeit.

Die reale Elbphilharmonie mit ihren vielen unterschiedlichen Bereichen und Nutzungen ist noch voller, noch komplexer und weniger karg als zunächst entworfen. Markos Idee einer kleinen kreativen Handelsfreizone im Inneren des Kallmorgen-Quaders („eine Art geistige Hafenarbeiter-Kantine“) wurde im Lauf der Jahre weggeplant.

Der Abschied aus dem Projekt war hart, nicht ganz freiwillig und durchaus schmerzhaft: Im November 2004 unterschrieben Gérard und Marko die Übertragungsvereinbarung. Die Stadt übernahm den Vertrag mit Herzog & de Meuron. In den Jahren danach komplizierte sich praktisch alles.

Insbesondere dank einer verhängnisvollen Vertragskonstruktion und unzureichender Planungstiefe explodierten die Kosten, und die Fertigstellung verzögerte sich mehrmals. Und Gérard und Marko waren draußen vor und erlebten alles mit, wie einen dieser tragisch schlimmen Unfälle, bei denen man unwillkürlich nicht wegsehen kann, obwohl man weiß, dass es einem ganz und gar nicht guttut. „Jedes Mal, wenn wir in der HafenCity waren oder von der Elb­philharmonie hörten“, sagte Marko über diese Zeit, „waren wir wieder mittendrin.“

Die vergangenen 13 Jahre seien auch „ein Abschied auf Raten gewesen. Irgendwann im Laufe dieser Jahre ist das Gefühl gekippt, und aus dem Abschied ist ein Willkommen geworden“, erklärte sie rückblickend. Jana Marko: „Wir freuen uns einfach, dass dieses überwältigende Gebäude jetzt da ist. Jemand Berufeneres als wir hat einmal gesagt: Wenn man etwas gegen die Elbphilharmonie hat, sollte man tunlichst nicht hineingehen.

Nach wie vor, auch jenseits aller finanziellen Katastrophen, ist sie etwas, das Hamburg braucht. Jetzt sind andere dafür da, dieses Gebäude mit dem Inhalt zu füllen, der dazu führen möge, dass Hamburg tatsächlich die Musikstadt wird, als die sie sich neuerdings sieht.“