Serie Die Elbphilharmonie – vom Jahrhundert-projekt zum Albtraum und wieder zurück. Teil 8: 2007–2008

Der Aufsichtsrat der Bau KG trifft sich am 19. Juni 2007 erstmals in Harburg am Veritaskai. Um 17 Uhr sitzen im Büro der Realisierungsgesellschaft (ReGe) am Tisch: Volkmar Schön, Chef der Senatskanzlei. Herlind Gundelach, Staatsrätin in der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU), Detlef Gottschalck (CDU), Staatsrat der Kulturbehörde, sowie Hans Hinrich Coorssen, Haushaltsdirektor in der Finanzbehörde – allesamt per Senatsbeschluss berufen. Besonders viel Ahnung vom Bauen hat keiner von ihnen.

Darum hat ReGe-Chef Hartmut Wegener gebeten, dass auch der Architekt Jan Störmer in das Gremium soll. Störmer hatte mit dem gemeinsamen Brief der Hamburger Architekten an den Bürgermeister ziemlich genau vier Jahre zuvor die Realisierung des Projekts nicht unwesentlich beeinflusst.

Dass es auf der Baustelle eine Unmenge von Problemen gibt, wird nicht thematisiert, sagt Störmer. Von Projektänderungsmeldungen (PÄMs) ist nicht die Rede. Es gibt Kekse. Störmer spricht später von einer gelösten Stimmung. Auf die Frage nach Kostenrisiken sagt Wegener, dazu könne man frühestens im Oktober etwas sagen, wenn sich die Inte­gration der Investorenplanung bewerten lasse. Volkmar Schön wird zum Vorsitzenden gewählt. Warum? „Es gab den starken Wunsch von Herrn Wegener, dass ich die Funktion übernehme, damit er nicht in der Behördenwelt zermahlen wird“, sagt Schön. Und Bürgermeister Ole von Beust findet es auch gut, denn anders als bei vorherigen Projekten wie der Airbus-Werkserweiterung will Wegener diesmal wegen vieler Details direkt mit dem Bürgermeister sprechen. Meist kommt er nur bis zu Schön, der also immer häufiger mit Wegener konferiert. Und sich überlegt, dass er dann auch in den Aufsichtsrat gehen könne. „Dann muss Wegener nicht mehr ins Rathaus kommen.“

Schön fungiert somit auch als eine Art Puffer. Das funktioniert: Laut einer Auflistung der Senatskanzlei gibt es zwischen November 2006 und dem 7. März 2008 keinen Wegener-Termin mehr bei von Beust. Es geht also weniger darum, dass Schön das Projekt für das Rathaus steuern sollte, sondern eher darum, es vom Bürgermeister fernzuhalten. Dies führt zu einer ziemlich laxen Kontrolle der ReGe. Ein verhängnisvoller Fehler, wie von Beust später einräumen wird.

Schaut man sich die Quartalsberichte an, wird überdeutlich, wie sehr die Realitäten geschönt werden. Im Quartalsbericht der ReGe vom 30. Juni über das 2. Quartal 2007 ist unter „Planung Generalplaner“ zu lesen: „In der Gesamtbewertung wurde festgestellt, dass in Anbetracht der Kürze der Planungszeit eine gute Planungstiefe erreicht ist.“ Zu den Kosten heißt es: „Voraussichtlich werden die Mehrkosten zwischen 0,98 und 1,5 Millionen Euro zzgl. Finanzierungskosten liegen.“ Tatsächlich aber hat Hochtief mit Stand vom 18. Juni 2007 bereits Forderungen in Höhe von 9,4 Millionen Euro angemeldet. Das ist mehr als das Sechsfache. Für das dritte Quartal ist in den Akten der ReGe kein Quartalsbericht auffindbar.

Im vierten Quartalsbericht vom 31. Dezember 2007 fehlt das sonst enthaltene Kapitel „Kostenentwicklung“. Lapidar heißt es: „Zu möglichen Kostenfolgen kann derzeit keine Aussage getroffen werden.“ Tatsächlich hat Hochtief bis Ende 2007 Forderungen in zweistelliger Millionenhöhe geltend gemacht.

Es gibt aber auch gute Nachrichten. Ende September 2007 wird bekannt gegeben, dass der Unternehmer Peter Möhrle (Max Bahr) die Rechnung für die Orgel im Großen Saal übernimmt. Zum Festpreis von rund zwei Millionen Euro. Mit der Spende verbunden ist offenbar auch die Namensgebung. „Wir gehen im Moment davon aus, dass die Orgel Peter-Möhrle-Orgel heißen wird“, erzählt Kai Möhrle, ein Sohn des Spenders.

Auf der Wunschliste der Kulturbehörde steht ein „viermanualiges Instrument“ (also mit vier Tastaturen) mit etwa 65 Registern, mit einer mechanischen Traktur und einem zweiten, elektrisch fahrbaren Spieltisch. Die Klangcharakteristik soll sich insbesondere für ein Repertoire ab dem 19. Jahrhundert eignen, aber „auch zeitgenössischen Ansprüchen genügen“, wie es heißt.

Die Papierflut und damit der Druck auf die ReGe-Mitarbeiter wird indes so groß, dass sich Hartmut Wegener am 25. Oktober nicht mehr anders zu helfen weiß: Er ordnet an, alle Architektenpläne ungeprüft an Hochtief weiterzuleiten – damit sie nicht verspätet beim Konzern ankommen.

Bei der Stiftung Elbphilharmonie inszeniert man weiter gute Laune. Am 7. November verkaufen 41 Promis auf St. Pauli ihre ganz persönlichen Lieblingsstücke an 200 geladene Gäste. Den Panoramablick im Atlantic-Haus auf die Elbphilharmonie gibt es gratis. 32.400 Euro kommen zusammen. Ole von Beusts rote Hamburg-Krawatte bringt 600 Euro, bezahlt vom Insel-Händler Farhad Vladi. Für das Sechsfache geht ein signierter Hocker-Prototyp weg, den die Elbphilharmonie-Architekten für ihren Neubau des De Young Museums in San Francisco entworfen haben. Ein silbernes Tischfeuerzeug, von dem sich Hartmut Wegener trennt, kommt auf 330 Euro. Schlusslicht auf der Liste: eine Pfeife von Innensenator Udo Nagel für 100 Euro.

Wenige Tage später treten Beust und Wirtschaftssenator Gunnar Uldall an Wegener heran. „Die Elbphilharmonie baut sich jetzt doch von selbst, aber im Hafen gibt’s Probleme. Wollen Sie nicht Hafenchef werden?“ Wegener antwortet: „Die Elbphilharmonie ist ein sehr schwieriges Projekt und baut sich überhaupt nicht von selbst.“ Wegener weiß, dass er irgendwann die Katze aus dem Sack lassen muss. Aber wann ist der richtige Zeitpunkt für die Hiobsbotschaften? So schnell wie möglich oder erst nach der Wahl im Februar kommenden Jahres?

Am 26. November findet die zweite Aufsichtsratssitzung der Bau KG statt. Dort oder wenig später, genau weiß das kein Beteiligter mehr, sagt Wegener zu Schön: „Wir müssen nach der Wahl mal reden.“ Schön: „Brennt es?“ Darauf Wegener: „Nee, aber nach der Wahl müssen wir mal reden.“ Auch bei Beust meldet Wegener Gesprächsbedarf für nach der Wahl an. Der Bürgermeister stimmt zu, er habe im Wahlkampf ohnehin genug andere Dinge um die Ohren.

Im Dezember 2007 entspinnt sich zwischen ReGe und den Architekten ein Briefwechsel, der exemplarisch aufzeigt, auf welches Himmelfahrtskommando sich die Stadt mit der Vertragskonstruktion eingelassen hat. Nämlich damit, die Architekten ab Leistungsphase 5 nicht „unter dem Generalunternehmer“ weiterplanen zu lassen. Da es immer wieder Diskussionen mit Planern und Baukonzern über die Frage gibt, was eine Planfortschreibung und was eine wirkliche Planänderung ist, fordert die ReGe die Architekten jetzt auf, ab sofort mit jedem Plan klar abzugrenzen, um was es sich handelt. Der Grund: Eine Fortschreibung ist durch den Vertrag abgedeckt, kostet also nichts. Eine Änderung kann Millionen verschlingen.

Darauf antworten die Architekten mit dem Schreiben vom 10. Dezember, das sei bei einem so komplexen Projekt „nicht vollständig möglich“. Sie stellen klar: „Eine Nachweisführung, dass es sich bei der jeweiligen Planung um eine Fortschreibung handelt, wird durch uns nicht erfolgen.“ Die Antwort der ReGe am 18. Dezember: „Wenn Sie Änderungen an dem vereinbarten vertraglichen Bausoll vornehmen, sind diese von der ReGe freizugeben. Es liegt in Ihrem Verantwortungsbereich zu differenzieren, ob es sich bei einer Änderung um eine Planfortschreibung oder eine Änderung zum Vertrag handelt.“

Doch so schnell geben sich die Weltarchitekten nicht geschlagen. Vier Monate später schreiben sie an die ReGe, sie können „nicht abschließend“ bewerten, ob „Planfortschreibungen auf Grundlage des mit Hochtief geschlossenen Vertrages“ für die Stadt kostenneutral sein werden. Mit anderen Worten: Herzog & de Meuron machen ihre Änderungen, und wenn der Baukonzern dann sagt, das kostet mehr, ist es das Problem der Stadt. Wegener sagt: „Der Architekt sieht sich nicht als Partner der Stadt, sondern als eigenständige dritte Kraft.“

Und so kämpft die ReGe Ende des Jahres 2007 ziemlich aussichtslos – an zwei Fronten. Am 21. Dezember holt sie sich deshalb teure Unterstützung und beauftragt die Kanzlei Heiermann Franke Knipp (HFK) mit einer „baubegleitenden Rechtsberatung“. Erste Aufgabe der Anwälte: Sie verfassen Stellungnahmen zu den Nachtragsforderungen von Hochtief. Dass die Lage immer weiter eskaliert, können sie nicht verhindern.

Der Vertrag, der vor einem Jahr unterzeichnet wurde, erweist sich Ende 2007 als völlig unzureichend. Ein Dreivierteljahr nach Baubeginn droht die ReGe zum Spielball zwischen Hochtief und Herzog & de Meuron zu werden.

Das Jahr 2008 beginnt mit einer Korrektur. Oder soll man sagen: Manipulation? Die Kulturbehörde schickt am 24. Januar 2008 ein Schreiben an Wegener. Dabei geht es um das Protokoll einer Bauherrenbesprechung vom 20. Dezember 2007: Wegener möge doch einen Passus aus dem Protokoll entfernen. Was dann auch geschieht. Die entsprechende Passage lautet: „Der Projektkoordinator bestätigt, dass das Ausschreibungsverfahren im Jahre 2006 u. a. aus wahltaktischen Gründen … unter erheblichem Zeitdruck durchgeführt wurde und man sich aus diesem Grunde zwischen ReGe, Kulturbehörde und Planer einig gewesen war, in den Ausschreibungsunterlagen mit sogenannten Platzhaltern zu arbeiten.“ Wahltaktische Gründe? Wurde deswegen so überstürzt ausgeschrieben, damit der Bau auf jeden Fall noch vor der Bürgerschaftswahl im Februar 2008 begonnen wird? Ist das der wahre Grund für den ganzen Schlamassel?

Dass auf der Baustelle längst keine vernünftige Zusammenarbeit mehr stattfindet, gibt es sogar schriftlich. In einem Protokoll des Jour-fixe-Treffens vom 1. Februar 2008 wird festgehalten: „Herr Wegener fordert, dass es zu einer Verbesserung der Zusammenarbeit kommen muss, damit keine offenen Gegnerschaften entstehen. Herr Rehaag (Hochtief) erklärt, dass diese Gegnerschaften bereits existieren.“

In der Stadt aber herrscht noch immer der Eindruck vor, bei der Elbphilharmonie laufe alles nach Plan. Das Ergebnis der Bürgerschaftswahl am 24. Februar zeigt, wie wenig die gewaltigen Probleme des Jahrhundertprojekts nach außen gedrungen sind: Die CDU verliert zwar die absolute Mehrheit, bleibt aber mit 42,6 Prozent klar stärkste Partei. Von Beust bildet erstmals in der Bundesrepublik eine schwarz-grüne Koalition auf Länderebene.

Im März rückt Hartmut Wegener mit der bitteren Nachricht heraus. Zuerst am 7. März in einer handschriftlichen Notiz mit Zündstoff. „Risikobericht Wegener an BGM I i. Zus. mit Koalitionsvereinb. ca. 50 Mi. Mehrkosten.“ BGM I ist das Kürzel für Erster Bürgermeister. Und 20 Tage später, in einem Gespräch, bei dem auch von Welck und Finanzsenator Michael Freytag dabei sind, nennt er erstmals drohende Mehrkosten von 50 Millionen Euro. „Die Zahl an sich war in der Tat dramatisch“, sagt von Beust. Der Bürgerschaft wird diese Summe jedoch nicht mitgeteilt.

In den Antworten auf zwei Anfragen des SPD-Abgeordneten Michael Neumann gibt der Senat am 4. April 6,95 Millionen Euro Mehrkosten an, die „aus den Mitteln für Unvorhergesehenes gedeckt sind“.

Bei der ReGe verfolgt Hartmut Wegener jetzt die Strategie, die PÄMs (Projektänderungsmeldungen) zu sammeln, um eine Paketlösung zu erreichen. Einen großen Nachtrag 3, bei dem es nur noch darum geht, dass die Mehrkosten in zwei- und nicht in dreistelliger Millionenhöhe anfallen. Der Regierungswechsel beschert ihm ein weiteres Pro­blem: Reinhard Stuth (CDU) löst im Mai Detlef Gottschalck als Staatsrat der Kulturbehörde ab. Der Jurist mit der Fliege wird zum erbitterten Gegenspieler des mächtigen ReGe-Chefs.

Am 19. Mai wird Stuth in einem vertraulichen Schreiben von Thomas Delissen aus der Kulturbehörde über die verfahrene Situation informiert. „Herr Wegener steht derzeit mit Blick auf den Baufortschritt im Verhältnis zu dem Generalplaner und dem Generalunternehmer stark unter Druck, da auf beiden Seiten ca. 60 Personen zunehmend Differenzen aufbauen, die inzwischen über die hauseigenen Anwälte ausgetragen werden“, schreibt er. Es sei nicht absehbar, dass „die ReGe mit ihrer kleinen Mannschaft“ diese Konflikte so weit bremsen könne, dass „keine weiteren Verzögerungen eintreten“. Ende Mai wissen alle Insider, dass wohl nur noch ein Gipfeltreffen beim Bürgermeister den ganz großen Knall verhindern kann. „Die Hütte brannte lichterloh. Wir wussten, dass uns das Ding um die Ohren fliegt“, formuliert ein Insider.

Auch die Architekten haben das Hamburg-Abenteuer unterschätzt. In manchen Sitzungen hissen die Planer jetzt „die weiße Fahne“, weil sie mit dem Zeichnen der Pläne nicht mehr nachkommen. „Das schaffen wir nicht, das können wir nicht“, stöhnen sie im Hamburger Büro. Das Personal wird immer weiter aufgestockt: von zwölf über 32 auf 77. Viele jüngere Architekten sind dabei. Bei der ReGe nennen sie die Truppe intern etwas spöttisch „Abteilung Jugend forscht“. Aber natürlich arbeiten auch erfahrene Architekten an der Elbphilharmonie. „Wir haben eine gute Mischung aus jungen, kreativen als auch sehr erfahrenen Architekten, die je nach Projektphase entsprechend ihrer Qualifikation eingesetzt werden“, sagt Pierre de Meuron.

Obwohl Hochtief bei den Nachtragsverhandlungen mit der ReGe im Mai Listen mit konkreten Zahlen vorlegt – unstrittige PÄMs 19,3 Millionen, strittige PÄMs 35,3 Millionen –, findet sich dieses Forderungsvolumen über 54,6 Millionen Euro mit keinem Wort in der Drucksache 19/520, mit der der Senat die Bürgerschaft im Juni über den Projektstand informiert. Dabei hatte Jochen Margedant aus der Kulturbehörde in einem Vermerk vor dieser „Salamitaktik“ gewarnt: „Auf eine Bezifferung der Risiken sollte daher nur verzichtet werden, wenn zugleich deutlich kommuniziert wird, dass bereits jetzt wahrscheinlich Kostenrisiken im deutlich zweistelligen Millionenbereich bestehen. Ohne eine solche Grundlinie würde man sich später dem Vorwurf aussetzen, nicht transparent berichtet zu haben.“ Auf ihn wird nicht gehört. Gleichzeitig beschließt der neue Senat, dass nun die Kultur- statt der Baubehörde für die Bau KG zuständig sein werde. „Die Verlagerung der Gesamtverantwortung für die Elbphilharmonie auf die Kulturbehörde war unter anderem ein Vorschlag von Herrn Wegener“, sagt Karin von Welck. „Ich habe dies begrüßt, da meine Mitarbeiter und ich den Eindruck gewonnen hatten, dass sich die anderen Behörden nicht mit dem Engagement, das wir uns gewünscht hätten, um das Projekt Elbphilharmonie kümmerten.“ Wegener ahnt noch nicht, dass sein Wunsch auch sein Ende in diesem Projekt besiegelt.

Von Welck stellt fest, dass sich mit der Übernahme ihrer Zuständigkeit das Verhältnis zu Wegener „rapide verschlechtert“. Er weigere sich, seiner Berichtspflicht nachzukommen. Sie beginnt zu glauben, dass der ReGe-Chef mit dem Projekt überfordert ist. Und setzt sich beim Bürgermeister für die Entlassung Wegeners ein.

Selbst engste Mitarbeiter von Wegener gehen in diesen Wochen mehr und mehr auf Distanz. Und das hat handfeste Gründe. Am frühen Abend des 18. Juni geht im ReGe-Büro in Harburg ein Fax von Hochtief ein, das bei den Mitarbeitern einen Schock auslöst. Erstmals hat der Generalunternehmer die Bilanz der wahrscheinlichen Bauzeitverlängerung von nunmehr 50 Monaten mit einer Zahl hinterlegt: „90 Millionen Euro“, steht da schwarz auf weiß.

Am Tag darauf begeben sich Wegener und sein Geschäftsführer Peters gemeinsam zur Aufsichtsratssitzung. Auf dem Weg drängt Peters seinen Chef: „Also entweder geben Sie die Zahl bekannt, oder ich werde es von meiner Seite aus bekannt geben.“ Wegener will erst nicht. Peters besteht darauf. Die Zahl wird dann in der Sitzung verkündet. „Das ist der Bruch mit Wegener gewesen“, sagt Peters. Die Aufsichtsräte schlucken heftig an den 90 Millionen.

Knapp zwei Wochen später sorgt die Zahl dafür, dass im Bürgermeistersaal die Fetzen fliegen wie selten zuvor. Eigentlich geht es um zwei Zahlen. 95 Millionen Euro. Und 64 Millionen Euro.

Es ist der 1. Juli 2008, und die desolate Lage auf der Baustelle führt zum Gipfel beim Bürgermeister. Von Beust hat eine Runde mit drei Senatoren sowie den Spitzen von Hochtief und Herzog & de Meuron für 15 Uhr in den Bürgermeistersaal geladen, um „über den Projektstand, den eingetretenen Zeitverzug und zu erwartende Risiken“ zu sprechen. Der Schlusssatz in der Einladung lautet: „Dieses besondere Projekt zum Erfolg zu führen kann nur gemeinsam gelingen. Und alle Beteiligten werden daran gemessen.“ Als Erstes präsentiert Hochtief-Chef Henner Mahlstedt auf einer Stelltafel die kritische Vertragskonstruktion und dann die vier zentralen Probleme: unvollständige Planung, Schnittstellenproblematik, PÄM-Verhandlungen, Terminplan. Dann schlägt er eine Seite um. Und nun ist es für alle sichtbar: In einer Spalte stehen die 95 Millionen Euro für die Bauzeitverlängerung – und links daneben 64 Millionen Euro für ungesicherte Kosten.

Dieser Text ist eine aktualisierte Fassung
unseres großen Abendblatt-Dossiers von 2013.