Serie Die Elbphilharmonie – vom Jahrhundert-projekt zum Albtraum und wieder zurück:Teil 3: 2003–2004

Jan Haarmeyer
Joachim Mischke

Zum zweiten Mal nach 2001 und nicht zum letzten Mal in diesem Projekt findet kurz vor Weihnachten eine entscheidende Weichenstellung statt: Am 16. Dezember 2003 beschließt der Senat mit der Drucksache 17/3924, „das Projekt Elbphilharmonie auf dem Kaispeicher A weiterzuverfolgen“. Damit wird der Begriff Elbphilharmonie in den offiziellen Sprachgebrauch der Regierung übernommen. Grundlage ist ein städtisches Gutachten mit zwei vielsagenden Sätzen: „Jeder weitere Entwurf für eine neue Konzerthalle an einem weniger exponierten Standort wird am Konzept der Elbphilharmonie gemessen werden.“ Soll meinen: Wir können gar nicht mehr anders, selbst wenn wir wollten oder müssten.

Zweitens wird mit Blick auf die Kosten – 91 bis 96 Millionen Euro – festgehalten: „Beim Entwurf eines Architekten von der Bedeutung des Büros Herzog & de Meuron würden sich die Kosten deutlich erhöhen.“ Man wusste also schon jetzt sehr genau, auf wen und was man sich einlässt: auf Architekturkünstler, denen Originalität und Qualität über alles gehen. Mitunter auch über Kosten.

Die Summen, die in jenen Tagen ­genannt werden, sind ein einziges Durcheinander – bezeichnend für den gesamten Projektverlauf in den kommenden Jahren. Mal geht es um den Gesamtpreis, mal um reine Baukosten, mal um den Anteil der Stadt. So kalkuliert der Senat jetzt, dass die Stadt etwa 28,5 Millionen Euro der Kosten zu tragen hätte. Ein Gutachter spricht von 146 Millionen Euro Investitionskosten – 20 Millionen mehr als von den Projektentwicklern Alexander Gérard/Dieter Becken angegeben. In einem Vermerk für die Senatskanzlei werden zwei Varianten genannt: das Investorenmodell mit 73 Millionen Euro und eben die 146 Millionen Euro aus dem ­Gutachten.

Das Jahr endet dramatisch. ­Nachdem die Koalition aus CDU, FDP und den Überresten der Schill-Partei zerbrochen war, beschließt die Bürgerschaft in einer turbulenten Sondersitzung am 30. Dezember 2003 ihre Auflösung und Neuwahlen. Auch die kurze Debatte über die neue Konzerthalle wird für den Wahlkampf genutzt. Karlheinz Ehlers (CDU) sagt, nie sei „seit der Nachkriegszeit derart massiv und richtig in Kultur investiert“ worden. Ehlers’ Fazit: „Herzlichen Glückwunsch, Herr Bürgermeister! Toll, Ole!“

Holger Christier (SPD) hält dem Senat vor, er reagiere nur auf öffentlichen Druck, „aber eigentlich will er das Projekt nicht“. Ganz im Gegensatz zur SPD, wie Christier hervorhebt: „Wir nehmen ausdrücklich für uns in Anspruch, die Ersten gewesen zu sein, die das Potenzial dieses Projekts entdeckt haben.“ Auch Kultursenatorin Dana Horáková ist mittlerweile Elbphilharmonie-Fan: „Die Experten haben bestätigt: Hamburg braucht sie. Und, wie der Erste Bürgermeister sagte: ,Wir wollen sie.‘“

Die Gespräche über das Projekt verlaufen angesichts von bis zu 20 Beteiligten verschiedener Behörden aus Sicht von Gérard und Becken zu schleppend. Bei einem Treffen mit dem Ersten Bürgermeister, Ole von Beust, Staatsrat Volkmar Schön, Finanzsenator Wolfgang Peiner und Michael Voges, Leiter des Planungsstabs, bitten sie daher Mitte Januar 2004 um die Ernennung eines Projektkoordinators. Sie ahnen nicht, welche Folgen das für sie haben wird.

Wenig später erhält Beust bei der Bürgerschaftswahl am 29. Februar 2004 die Lizenz zum Durchregieren. Absolute Mehrheit für die CDU. Eine der ersten Amtshandlungen: Nachdem Dana Horáková nach etlichen umstrittenen Äußerungen und Streitereien frustriert das Handtuch geworfen hatte, wird sie im März 2004 durch Karin von Welck abgelöst. Die Frage, wer denn nun das Projekt Elbphilharmonie stemmen soll, ist damit noch lange nicht geklärt. So wird bei einem Bürgermeistergespräch im Frühjahr, unter anderem mit Gérard, Becken, Peiner, von Welck und Voges intensiv über Projektstrukturen und Zuständigkeiten verhandelt. Oberbaudirektor Jörn Walter schlägt vor, mit Unterstützung der Senatskanzlei eine Lenkungsgruppe und einen Projektmanager einzusetzen, um so eine bessere Koordination zu erreichen. Sein eigenes Haus, die Stadtentwicklungsbehörde, möchte er lieber raushalten. Zur Begründung verweist er darauf, dass es nur noch eine „Rest-Hochbauabteilung“ gebe, die „nicht ohne Weiteres in der Lage ist, ein Projekt dieser Dimension mit den vielen Fragestellungen optimal zu begleiten“.

Diese Einschätzung des Oberbaudirektors wird allerdings nicht uneingeschränkt geteilt. Denn zur gleichen Zeit betreut seine „Rest-Hochbauabteilung“ rund 20 Unternehmen mit einem Umsatzvolumen von drei Milliarden Euro und 15.000 Beschäftigten.

Unterdessen werden die ersten personellen Weichen für das „Weltklasse-Konzerthaus“ gestellt. Das braucht Weltklasse-Klang, geplant von einem Weltklasse-Akustiker. In dieser Liga spielen nur sehr wenige. Einer von ihnen ist Yasuhisa Toyota, ein freundlicher, meinungsstarker Klassik-Fan und ehemaliger Oboist. Toyota hatte an etlichen wichtigen Sälen mitgearbeitet, darunter war auch die Walt Disney Concert Hall, Frank Gehrys Metallknäuel, das Downtown Los Angeles als Prestige-Adresse auf die Weltkarte der Klassik brachte.

2003 war das Haus eröffnet worden, 16 Jahre nach einer ersten 50-Millionen-Dollar-Spende der Disney-Witwe. Der Endpreis: etwa 274 Millionen Dollar. Es hatte Krisen, Preis­explosionen und mittendrin einen zweijährigen Baustopp gegeben. Alles weit weg von Hamburg. Oder doch nicht?

Toyota scheint der beste Mann für den Job an der Elbe zu sein. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten hatte er bereits von Gérards Vision gehört. Ernest Fleischmann, legendärer Executive Director des Los Angeles Philharmonic, erzählte ihm davon und fragte, ob ihn das reizen würde. „Und das tat es natürlich.“ Am 26. März 2004 erhält er seine erste Mail von Gérard, auf Englisch. Die Übersetzung: „Wir würden Sie gern fragen, ob Sie daran interessiert sind, an diesem Projekt mitzuarbeiten und für ein Interview nach Hamburg zu kommen. Kommen Sie bitte am 22. April um 11.15 Uhr in das Büro von Herrn Dieter Becken, Heidenkampsweg 77, 20097 Hamburg. Wir haben 90 Minuten eingeplant.“ Kurz vor diesem Termin sagt Dieter Becken im Abendblatt: „Wir sind davon überzeugt, dass die Stadt für den Bau keinen Euro in die Hand nehmen muss.“

Am 22. und 23. April 2004 steigt der Wettbewerb „Hamburg sucht den Super-Akustiker“: In Beckens Büro präsentieren Yasuhisa Toyota, Higini Arau (Barcelona), Karlheinz Müller (München), Larry Kirkegaard (Chicago), Christopher Jaffe und David Robb (Connecticut) sowie Robert Essert und Anne Minors (London) ihre Ideen für das Hamburger Projekt.

Die vier Kriterien: Fachkompetenz, Erfolgsnachweis, Kompatibilität mit den Architekten, Renommee. Toyota überzeugt am meisten. Sein Englisch ist für die Anwesenden zwar nur schwer zu verstehen und provoziert viele Nachfragen. Dennoch notiert Gérard: „Mit der Fertigstellung der Walt Disney Hall gilt Toyota als Primus inter Pares der besten Saal-Akustiker der Welt.“

Seine Spezialität sind nicht die klassischen „Schuhkarton-Säle“, sondern „Weinberg-Säle“, mit dem Orchester in zentraler Position, umgeben von Publikum. So wie es für die Elbphilharmonie von Beginn an geplant ist. Der designierte NDR-Chefdirigent Christoph von Dohnányi kennt und schätzt seine Arbeit aus Los Angeles. Die Hamburger Opernchefin Simone Young, in Sydney geboren, hatte Toyota für die akustische Sanierung der Sydney Opera vorgeschlagen. Das Votum ist eindeutig. Gérard notiert: „Herr Toyota ist ihr Wunschkandidat.“

Kurz darauf wird die Hauptrolle besetzt: Boss, Macher, tragische Figur und Bösewicht – Hartmut Wegener wird all das spielen. Es ist der 4. Mai 2004, 10Uhr morgens. Ole von Beust hat Hartmut Wegener, den Chef der Realisierungsgesellschaft (ReGe), ins Rathaus gebeten.

Das Büro des Ersten Bürgermeisters im 1. Stock ist ein schlichtes Arbeitszimmer, befreit vom Pomp des Rathauses. Das Beeindruckendste ist der Blick auf den Rathausmarkt und weiter bis zur Kleinen Alster. Ole von Beust begrüßt den Gast mit einer Frage. „Wie alt sind Sie, Herr Wegener?“ Der glaubt, der Bürgermeister wolle ihn zum Geburtstag gratulieren. „Ich bin heute 58 geworden.“ Das sei gut, sagt von Beust: „Dann können Sie ja noch die Elbphilharmonie bauen.“

Wegener ist ein kleiner Mann, etwas rundlich, grauer Bart, wache Augen, hohe Stimme. Er gilt als harter Hund. Sehr viele, die mit ihm zu tun hatten, nennen ihn einen Bulldozer. Er war als Staatssekretär in Kiel Heide Simonis’ Mann für schwere Fälle. Auch in Hamburg hat er schon mehrere Großprojekte für die Stadt gemanagt, hat Obstbauern im Alten Land die Flächen für die Ortsumgehung Finkenwerder abgerungen und zuletzt die Teilzuschüttung des Mühlenberger Lochs für die Airbus-Landebahn-Verlängerung organisiert. Instrument dafür war die Realisierungsgesellschaft, die er für die Stadt aufgebaut hat.

Wegener mag die Anekdote, dass er am Ende „20 Millionen Euro an Hamburg zurückzahlen konnte“, worauf ihm Wirtschaftssenator Gunnar Uldall gratuliert habe: „Herr Wegener, da haben Sie sich ja Ihre Pension verdient.“ Andere Beteiligte behaupten allerdings, man sei exakt im Budget geblieben.

Hartmut Wegener, seit 1976 SPD-Mitglied, wird durch den CDU-Bürgermeister zum Projektkoordinator berufen. Er nennt von Beust zwei Bedingungen. Er will das nur mit der ReGe machen. Sie hat 22 Mitarbeiter: Ingenieure, Architekten, Juristen, Controller. Und er will direkt an die Senatskanzlei angebunden sein, „um nicht in die Mühlsteine der Behörden zu geraten, sondern darüber zu stehen“. Wegener bekommt seinen Willen: „Der Bürgermeister hat alle meine Bedingungen akzeptiert.“

Der Mann, dessen Lebenstraum Wegener zerstören wird, ist gerade ebenfalls in Sachen Elbphilharmonie unterwegs. Am 3. Mai 2004 reist Alexander Gérard mit Jana Marko nach Wien. Sie wollen Christoph Lieben-Seutter treffen. Der leitet dort erfolgreich das Konzerthaus. Heikle Kultur-Baustellen sind ihm nicht fremd, er hat die Generalsanierung des Hauses bewältigt – inklusive Bauverzögerung und Kostensteigerung. Als eine Mitarbeiterin den Besuch aus Deutschland ankündigt, schreibt Lieben-Seutter an seinen Technischen Direktor Heinz Repper eine Mail: „Die wollen ein neues Konzerthaus in Hamburg bauen und sich bei uns umschauen. Willst Du die Führung machen?“ Schließlich trifft man sich doch zu viert. Etwa zwei Jahre später wird Lieben-Seutter die Koffer für Hamburg packen.

Alexander Gérard und Hartmut Wegener begegnen sich im Büro des Oberbaudirektors am 17. Mai 2004 zum ersten Mal. Sofort wird klar, dass beide in diesem Leben keine Freunde mehr werden. Wegener will jetzt erst einmal Fakten statt Ideen. Er verlangt, dass Herzog & de Meuron einen Vorentwurf liefern, als Basis für eine Machbarkeitsstudie. Andere Beteiligte denken dagegen schon über Details nach. „Die haben sich bei diesem Treffen ernsthaft über die Stuhlbreiten im Großen Saal unterhalten“, empört sich Wegener. Der erste von unzähligen Konflikten.

Der nächste Streit zwischen Gérard und Wegener dreht sich um die Juristin Ute Jasper. Projektentwickler Gérard hat die Düsseldorfer Anwältin um ein Gutachten zum Vergaberecht gebeten. Auf dem Gebiet gilt sie als Koryphäe, vom Bauen versteht sie hingegen wenig. Doch Wegener (ReGe) ist so angetan von der ex­trem selbstbewussten blonden Juristin, dass er sie für das ganze Projekt engagiert – vor allem für die Ausschreibung und die Verträge. Außerdem hat Gérard mit Helmut Wolf aus Stuttgart einen erfahrenen Projektleiter an der Hand. Doch den will Wegener nicht. Stattdessen holt er Heribert Leutner. Der fühlt sich geschmeichelt: Das ist ein herausragendes Projekt, so etwas machst du nur einmal im Leben, sagt er sich.

Das Investorenmodell, mit dem für die Stadt so günstige finanzielle Bedingungen geschaffen werden sollen, wird indes immer unrealistischer. Becken erklärt am 7. Juni 2004: „Die Banken lehnen eine derartige Finanzierung ab, da keine finanziellen Spielräume für Risiken vorhanden sind.“ Auch Wegener beschleichen Zweifel.

Nicht um Geld, sondern um Kunst – und Eifersüchteleien – geht es am 22. und 23. August 2004. Ort des Geschehens ist die nobelste Immobilie, über die die Stadt verfügt: das Senatsgästehaus am Feenteich. Diener servieren hier den Kaffee und den Tee, als sich zum ersten Mal das „Fachkuratorium Elbphilharmonie“ trifft, besetzt mit Konzerthausmanagern aus Europa und den USA. Mit dabei: Ernest Fleischmann aus Los Angeles; Klaus Jacobs von der New Yorker Carnegie Hall; Martijn Sanders, Concertgebouw Amsterdam; Sir John Tusa vom Barbican Centre London. Die ganz große, ganz weite Musikwelt an der Schönen Aussicht auf der beschaulichen Uhlenhorst.

„Alle waren furchtbar aufgeregt, es herrschte eine Wahnsinnsaufbruchstimmung“, erinnert sich ein Teilnehmer an die Sitzung. Das passt prima zu Karin von Welcks kurz zuvor formuliertem Anspruch: „Die Elbphilharmonie soll künftig zu den zehn besten Konzerthäusern der Welt gehören.“ Wie sie diese Rangfolge ermitteln will, bleibt allerdings auf ewig unklar. Die Experten von auswärts sollen einen Generalintendanten für Laeiszhalle und Elbphilharmonie finden, der neue Konzepte erarbeitet. Der hiesige Impresario Hans-Werner Funke meint zu diesem Thema: „Es ist alles da, mehr Programmatisches benötigen wir nicht.“ Der New Yorker Jacobs macht sich in dieser Runde wenig neue Freunde, als er sagt: „Hamburg zählt heute nicht zu den musikalischen Mittelpunkten Europas.“

Das Projekt wird an den beiden Tagen stolz vorgestellt – Rat eingeholt wird weniger. Die Gästeliste entworfen hatte Gérard, unter Mithilfe von Rolf Beck, Intendant des Schleswig-Holstein Musik Festivals. Beide sind sauer: Gérard wird nur beim ersten Treffen geduldet. Beck wird am Tischende platziert. Ein Platz, der sich mit der Größe von Becks Ego überhaupt nicht verträgt. Eine Situation, die typisch ist für das Konkurrenzdenken und die Reibereien in der Hamburger Musikszene. Diese Expertenrunde wird noch mehrfach eingeflogen. Ein ­ungeheurer Aufwand für ein Gremium, das irgendwann einfach in Vergessenheit gerät.

Wenige Tage später, am 27. August 2004, begegnen sich Toyota und Gérard in Kopenhagen. Danmarks Radio lässt sich dort einen neuen Konzertsaal bauen, Toyota liefert die Akustik. Mit Architekt Jürgen Johner und Thomas Fuchs von der Kulturbehörde begutachtet man die Konzertsaal-Baustelle. Die Herren sind beeindruckt. Kurz darauf erhält Toyota eine Mail mit dem Absender Herzog & de Meuron. Jürgen Johner schreibt: Mr. Toyota, Sie sind der Akustiker für die Elbphilharmonie. Es kann losgehen.

Für Alexander Gérard, den „Erfinder“ der Elbphilharmonie, endet die Geschichte dagegen bald. Im September beauftragt der Senat Wegener und die ReGe zwar noch, einen Vertrag mit Gérard und Becken abzuschließen. Doch dazu kommt es nicht mehr, die Spannungen vor allem zwischen Wegener und Gérard sind unüberbrückbar. Der „Bulldozer“ ist wild entschlossen, dem „Traumtänzer“, wie er Gérard nennt, das Projekt zu entreißen. Ständig mäkelt er markig an der Finanzierung und Planung herum und lässt die Initiatoren des Projekts wie Amateure aussehen. Wegener tritt von Anfang an als Bauherr auf, obwohl das offiziell Gérard und Becken sind. Umgekehrt empfindet er deren Einmischung in Belange der Stadt als anmaßend: „Der Schwanz wedelt mit dem Hund.“

Knackpunkt ist aber die Finanzierung. Wegener selbst geht mit den Investoren zu Beckens Hausbank. Doch auch das bringt nichts, denn offensichtlich liegt ein grobes Missverständnis vor: Gérard und Becken sind immer davon ausgegangen, dass die Stadt ihnen das Grundstück unentgeltlich überlässt oder wenigstens eine Grundschuld eintragen lässt – dafür hätte sie ja das Konzerthaus bekommen. „Ohne diese Sicherheit gibt Ihnen die Bank keine namhaften Beträge“, sagt Gérard.

Doch die Stadt will das Grundstück zu keinem Zeitpunkt hergeben, weil sie fürchtet, es beim Scheitern des Projekts an die Bank zu verlieren. „Wir wären ja irre gewesen, ein dingliches Recht einzuräumen, ohne dass es Garantien der Investoren gab, dass das Projekt realisiert wird“, sagt ein Insider auf städtischer Seite. Ole von Beust bringt seine Einschätzung später auf den Punkt: Das Projekt sei für Gérard und Becken „eine Nummer zu groß“ gewesen.

Und so kommt es zum großen Finale des ersten Akts: Am 3. November 2004 kauft die Stadt Alexander Gérard und Dieter Becken für 3,48 Millionen Euro aus dem Projekt heraus. In ihrer Pressemitteilung schreibt die ReGe, „dass die Projektentwickler ihre Rechte auf die Freie und Hansestadt übertragen und ihre erfolgreiche Mission als beendet ­ansehen“.

Gérard versetzt das einen Schlag, von dem er sich lange nicht erholt. Später sagt er der „Zeit“: „Ich bin seit über 30 Jahren in dieser Branche, aber so eine Brutalität, so einen Umgangston und so eine Anmaßung wie bei Hartmut Wegener habe ich noch nie erlebt.“

Dieser Text ist eine aktualisierte Fassung unseres großen Abendblatt-Dossiers von 2013.