Hamburg. Dietmar Beiersdorfer über sein Aus als Vorstandschef und die geleistete Arbeit

Im HSV-Blog „Matz ab“ des Hamburger Abendblatts gab Dietmar Beiersdorfer (53) ein bemerkenswertes Interview. Hier ein Auszug.

Herr Beiersdorfer am Mittwoch wird Heribert Bruchhagen in Hamburg als Ihr Nachfolger und als neuer Vorstandsvorsitzender vorgestellt. Wie sehen Ihre nächsten Wochen aus? Sind Sie noch bei den Spielen im Stadion oder schon zu Hause auf der Couch?

Dietmar Beiersdorfer: Ich gehe davon aus, dass ich weiter bei der Mannschaft bin. Besprochen war, dass ich bis nach Schalke in meiner Funktion bleibe.

Ist das praktisch noch umzusetzen, nachdem Ihre Demission bereits verkündet wurde? Oder schadet es der Situation, wenn plötzlich alles auf Sie und weniger auf die Mannschaft schaut?

Ich bin Kummer gewohnt. Es ist mein Auftrag, alles zu tun, diese beiden Spiele erfolgreich zu gestalten und uns eine möglichst gute Ausgangssituation für die Rückrunde zu verschaffen.

Wie steht es hierbei um die Kaderplanung, die im Winter vorangetrieben werden soll? Können Sie noch derart weitreichende Entscheidungen treffen?

Ich glaube, dass ich die Aufzeichnungen und Stände sowie die Kontakte und Verhandlungen schnell weitergeben muss an jemand anderes. Es ist schwierig, mit Spielern und Beratern zu sprechen, wenn feststeht, dass man nicht mehr im Amt ist. Ein Spieler kommt nicht nur wegen des Geldes. Man muss ihn auch gewinnen und von dem Verein sowie seinen Entscheidungsträgern überzeugen.

Haben Sie Verständnis für die Entscheidung des Aufsichtsrats?

Das mag als Drittletzter nicht überzeugend klingen, aber ich glaube, dass wir mit unserem Club auf einem sehr guten Weg sind. Ob von der wirtschaftlichen oder der organisatorischen Seite und von den Dingen, die wir im Laufe der Jahre im Nachwuchs umgesetzt haben. Ich habe Verständnis dafür, dass sich der Aufsichtsrat damit beschäftigen muss, wenn der Verein in seinen Grundfesten erschüttert wird und nach zehn Spielen zwei Punkte hat. Ich glaube aber, dass der Zeitpunkt jetzt völlig falsch ist.

Weil die Mannschaft endlich punktet?

Auch. Aber auch, weil wir in den vergangenen Wochen und Monaten alles, aber wirklich alles nur noch auf den Fußball fokussiert haben. Auf die Spiele, die Spieler, auf die Analysen, Sichtungen, Vor- wie Nachbereitungen bis hin zur richtigen Schuhwahl – ich könnte hier inzwischen 1000 Beispiele nennen. Es wurde wirklich bis ins letzte Detail alles probiert, alle Alibis auszuschließen. Nichts sollte davon ablenken, wieder Erfolg zu haben. Hier haben wirklich alle hervorragend mitgezogen. Jetzt gibt es den ersten, zarten Erfolg. Das merkst du an den Trainern, am selbstbewussteren Auftreten der Spieler. Und jetzt kommt es raus. Eine Entscheidung, die für den Club sehr wichtig ist. Das bekomme ich nicht in den Kopf. Ich habe es nicht einmal meinem Vater erzählt …

Dennoch bleibt die sportliche Situation des HSV unbefriedigend.

Klar. Und man kann es sicher vollziehen, aber es muss auch die Sicherheit da sein. Es muss möglich sein, so etwas in so einer Phase wie jetzt für sich zu behalten, weil man auch die sportliche Phase im Blick behalten muss.

Sie meinen die Indiskretion im Aufsichtsrat?

Das weiß ich nicht. Ich weiß nicht, woher diese Nachricht stammt und wer das erzählt hat. Aber ich weiß, dass es unverantwortlich ist. Weil es natürlich eine Tragweite haben kann.

Wie waren denn die Reaktionen der Mannschaft und der Mitarbeiter in der Geschäftsstelle?

Es gab viele sehr nette, sehr positive Reaktionen. Aber ich habe vor allem erst einmal versucht, alle weiter auf ihrem Weg zu bestärken, als Einheit und geschlossen aufzutreten. (Marcus Scholz)