Hamburg verabschiedet Ehrenbürger Helmut Greve mit großer Trauerfeier im Michel

Jan Haarmeyer

Hunderte von weißen Rosen schmückten den Altarraum des Michel und den dunklen Sarg von Helmut Greve. Davor ein Porträt des Ehrenbürgers und Mäzens. Rund 1000 Menschen haben am Dienstagmittag in der Hauptkirche Abschied des vor gut zwei Wochen im Alter von 94 Jahren verstorbenen Hamburger Bauunternehmers genommen. Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) würdigte Greve als einen „bedeutenden Sohn der Stadt“. „Überall in Hamburg sieht man sein Lebenswerk, denn sein Leben bestand aus Taten. Wir haben einen vorbildlichen Unternehmer und einen bemerkenswerten Hamburger verloren.“

Scholz erinnerte an die Herkunft und das Leben Greves. „Er kommt aus einer alten hanseatischen Familie. Zu seinen Vorfahren gehören die van der Smissens, die wie viele Mennoniten im 17. Jahrhundert die Spanischen Niederlande verlassen mussten. Norddeutschland und besonders Altona boten hingegen die ,Große Freiheit‘, das heißt: Rechtssicherheit, Unternehmerfreiheit und religiöse Toleranz.“ Der junge Greve begann seine berufliche Laufbahn als Ingenieur bei der Hamburger Stülcken-Werft, konnte seine Ausbildung aber nicht beenden, weil er zur Kriegsmarine eingezogen wurde. 1944 heiratete er seine Frau Hannelore, mit der er fortan aufs Engste verbunden war. Oder wie Michel-Hauptpastor Alexander Röder erinnerte: „An ihnen konnte man sehen, wie aus zwei tatsächlich eins geworden ist.“

Auch Professor Heimo Reinitzer, Gründungspräsident der Akademie der Wissenschaften in Hamburg, für die Greve die Anschubfinanzierung geleistet hat, hob auf die herausragende Partnerschaft der beiden hervor. „Die beiden blieben ein Leben lang unzertrennlich. Und trafen sämtliche Entscheidungen gemeinsam“, sagte Reinitzer. „Wenn man Helmut Greve ein Projekt vorgeschlagen oder um Unterstützung gebeten hat, dann lautete seine Antwort stets: ,Ich bespreche das mit meiner Frau, dann hören Sie von mir.‘“

Der junge Helmut musste den frühen Tod seiner Mutter verkraften, und er bewunderte seinen Vater, einen erfolgreichen Kaufmann und Diakon in der mennonitischen Gemeinde. Helmut sei ein „liebenswerter und schüchterner Junge gewesen“, sagte Reinitzer. 1940 starb auch der Vater von Helmut Greve. Sein Onkel hätte es gerne gesehen, wenn Helmut Ingenieur geworden wäre, aber Helmut wollte unbedingt Kaufmann werden. Wie sein Vater.

Nach dem Krieg holte Greve das Abitur nach, studierte Jura, promovierte und wurde Unternehmer. Der Grundstock für die erfolgreiche Karriere bildeten zwei Altonaer Grundstücke, die ihm sein Vater hinterlassen hatte.

Die Trauerfeier im Michel wurde musikalisch begleitet von der Hamburger Camerata unter Leitung von Michel-Kirchenmusikdirektor Manuel Gera. Gespielt wurden zwischen den Trauer­reden zahlreiche Werke des Hamburger Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy. Hannelore Greve saß in der ersten Reihe. Sie war in Begleitung ihrer drei Töchter mit Kindern und Kindeskindern gekommen.

Bürgermeister Scholz betonte, dass Greve zwar ein erfolgreicher Unternehmer war. Er hat ein Vermögen mit dem Bau von Wohnungen, Gewerbeimmobilien und Einkaufszentren gemacht. „Aber er war wahrlich kein typischer Immobilienunternehmer: Er spekulierte nicht.“ Dem lag eine „sittliche-moralische Haltung“ zugrunde. Diese Haltung habe sich auch aus der mennonitischen Familientradition gespeist. „Helmut und Hannelore Greve haben das Erworbene stets als ein anvertrautes Gut betrachtet, das sorgfältig zu verwalten ist und erst in seinem aktiven Bezug auf das Gemeinwohl auch verdientes Eigentum ist.“

Seit den 80er-Jahren wurde diese Überzeugung der Greves immer offensichtlicher. Das Paar gründete Stiftungen für Wissenschaft und Kultur. Daraus ergaben sich unter anderem der höchstdotierte Wissenschaftspreis, Stiftungsprofessuren, Stipendien für ungarische Studenten oder der Ausbau der onkologischen Stationen am UKE.

Große Bekanntheit erlangten die Greves schließlich mit der Stiftung der beiden Flügelbauten am Uni-Hauptgebäude. Die Schenkung von rund 35 Millionen Euro gehört zu den größten privaten im Wissenschaftsbereich. Bürgermeister Scholz erinnerte daran, dass sich dort vorher Holzbaracken befunden hatten, in denen er selbst studiert hat. Und schließlich stifteten die Greves 30 Millionen Euro für den Bau der Elbphilharmonie. Deren Generalintendant Christoph Lieben-Seutter sagte nach der Trauerfeier: „Ohne Helmut Greve würde es die Elbphilharmonie nicht geben.“

Und auch Professor Burkhard Göke, Chef der Uniklinik Eppendorf, würdigte das Engagement im Anschluss: „Ich habe Helmut Greve als einen beeindruckenden und aufgeschlossenen Menschen erlebt. Und er hat uns zusammen mit seiner Frau Hannelore mit ihrer Stiftung für Wissenschaft, Entwicklung und Kultur die Stelle von Professor Christoph Schramm als Leiter des Centrums für Seltene Krankheiten am UKE finanziert, und dafür sind wir ihm sehr dankbar.“

Neben Hauptpastor Röder und Professor Reinitzer sprachen Bernhard Thiessen, Pastor der Mennoniten­gemeinde zu Hamburg und Altona, sowie Hermann Rauhe, Ehrenpräsident der Hochschule für Musik und Theater. Unter den Trauergästen waren unter anderen Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD), die ehemaligen Bürgermeister Klaus von Dohnanyi (SPD) und Ole von Beust (CDU), der dem Ehepaar Greve 2005 die Ehrenbürgerschaft verlieh. Außerdem zahlreiche Bürgerschafts­abgeordnete, Senatsvertreter sowie der Ehrenbürger John Neumeier.