So werden die Flüchtlinge untergebracht – was Hamburg mit der Volksinitiative vereinbart hat

Elf Bürgerinitiativen saßen mit am Verhandlungstisch. Andreas Dressel, Chef der SPD-Bürgerschaftsfraktion, machte am Dienstag jedoch deutlich: Die in der Nacht zum Montag mit der Volksinitiative „Hamburg für gute Integration“ gefundene Einigung über die Unterbringung von Flüchtlingen sei im Sinne der gesamten Stadt. Niemand müsse fürchten, dass die Absprachen zu seinen Lasten gehen würden. Was konkret in dem jeweiligen Stadtteil der Bürgerinitiativen künftig geschehen soll, liegt in den Bürgerverträgen und Absichtserklärungen jetzt vor. Das Abendblatt stellt die Kernpunkte vor. Dabei ist zu berücksichtigen: Die Zahlen der Flüchtlingsunterkünfte sind Momentaufnahmen. Steigen die Flüchtlingszahlen wieder oder sinken sie weiter – eine Anpassung sei jederzeit möglich. Das machten die Verhandlungspartner deutlich. In unserer Aufstellung nennen wir – sofern vereinbart – die Maximalzahl der Flüchtlingsplätze.

Neugraben-Fischbek: Im Stadtteil sollen 1500 statt wie geplant 4000 Flüchtlinge unterkommen. Ein Teil der Unterkünfte soll in Reihenhäusern entstehen. Vereinbart wurde zudem, dass der Stadtteil einen Quartiersmanager erhält, eine höhere Polizeipräsenz, mehr Straßensozialarbeiter und eine bessere ÖPNV-Anbindung. Zudem sollen zwei Sportplätze errichtet bzw. modernisiert werden.

Poppenbüttel: Statt für 1500 Flüchtlinge werden Unterkünfte für 300 Personen 2019 übrig bleiben. Der Anteil derer, die in Familien leben, soll bei 60 Prozent liegen. Außerdem sind ein Gebäude als Kindertagesstätte und Verwaltung sowie ein Begegnungshaus vorgesehen. Die Unterkünfte werden im Standard von Sozialwohnungen mit Balkonen errichtet. Dächer sollen begrünt werden, ebenso sind ein Quartiersbeirat, eine höhere Polizeipräsenz und eine bessere ÖPNV-Anbindung geplant.

Lemsahl-Mellingstedt: Die ursprüngliche Planung einer Erstaufnahmeeinrichtung für 952 Flüchtlinge wird nicht mehr verfolgt. Während der „Restlaufzeit“ der bestehenden kleineren Einrichtung von zweieinhalb Jahren werden dort 452 Flüchtlinge untergebracht. Später sollen auf der Fläche Wohnungen entstehen.

Klein Borstel: Auf der Fläche des ehemaligen Anzuchtgartens am Ohlsdorfer Friedhof sollte ursprünglich eine Folgeunterkunft für 700 Flüchtlinge errichtet werden. Bis zum Jahr 2022 werden dort nun maximal 452 Flüchtlinge leben, anschließend ist Wohnungsbau vorgesehen. Es werden ausschließlich zweigeschossige Gebäude errichtet, in die vor allem Familien mit Kindern einziehen sollen. Die nahe gelegene Albert-Schweitzer-Schule wird vergrößert. Vorgesehen sind zudem ausreichend Kita- und Kinderspielplätze und eine bessere ÖPNV-Anbindung.

Langenhorn: In der ehemaligen Schule Grellkamp leben derzeit rund 600 Flüchtlinge. Bis zum 30. Juni 2019 soll die Erstaufnahmeeinrichtung aufgelöst werden. Bis dahin wird die Zahl der Unterkunftsplätze schrittweise reduziert. Bei der Nachnutzung des früheren Schulgeländes wird die Unterbringung von Flüchtlingen ausgeschlossen.

Lurup/Osdorf/Bahrenfeld: In den drei Stadtteilen wurden bislang überdurchschnittlich viele Unterkünfte errichtet. Zu den bestehenden rund 7300 Plätzen sollten 1600 hinzukommen. 80 Prozent der im Bezirk Altona liegenden Unterkünfte liegen hier in einem Radius von zwei Kilometern. Die Stadt verpflichtet sich in dem Bürgervertrag, die Zahl der Plätze innerhalb eines Jahres um rund 3400 zu reduzieren. Mehrere Einrichtungen werden geschlossen; im Lise-Meitner-Park sollen zunächst 456 statt 912 Flüchtlinge untergebracht werden. Um die Nacht­ruhe zu gewährleisten, wird im Zusammenhang mit den Flüchtlingsunterkünften ein Lärmkonzept erarbeitet. Neben mehr Polizeipräsenz wurden viele sozialpolitische Maßnahmen vereinbart.

Eimsbüttel: An den unterschiedlichen Standorten im Bezirk Eimsbüttel waren zusammen ursprünglich 3800 Plätze für Flüchtlinge geplant. Bis 2019 sollen davon insgesamt rund 600 übrig bleiben. Die Bürgerinitiative legt besonders großen Wert auf den Ausbau der sozialen Infrastruktur, da diese Stadtteile schon jetzt überdurchschnittlich sozial belastet seien. Daher sollen zusätzliche bezirkliche Mittel zur sozialen Flankierung vornehmlich nach Eidelstedt fließen. Da die neuen Quartiere unweit der Bundesautobahnen 23 und 7 entstehen sollen, wurde besonderer Lärm- und Schadstoffschutz vereinbart. Neben einem mit ausreichend Geld ausgestatteten Quartiersmanagement wurden eine höhere Polizeipräsenz, eine bessere medizinische Versorgung und eine bessere ÖPNV-Anbindung vereinbart. Geprüft wird der Bau einer Sporthalle am Niekampsweg.

Rissen: In Rissen und im angrenzenden Stadtteil Sülldorf sollten ursprünglich nah beieinander rund 5000 Flüchtlinge untergebracht werden. Bis Ende 2019 wird die Zahl der Plätze auf rund 1200 verringert. Parallel dazu ist der Bau von Wohnungen im üblichen Drittelmix – ein Drittel Eigentum, ein Drittel frei finanziert, ein Drittel öffentlich gefördert – geplant. Die Flüchtlingswohnungen sollen möglichst zu 60 Prozent mit Familien belegt werden. Vereinbart wurde zudem der Ausbau der Kinderbetreuung. Im Bereich Suurheid soll die Brücke über die S-Bahn schneller als bisher geplant errichtet werden.

Billwerder/Mittlerer Landweg: Hier gab es nur eine Teilverständigung. Die Stadt hält an ihrem Plan fest, am Mittleren Landweg eine Siedlung mit 780 Wohnungen für bis zu 2500 Flüchtlinge zu bauen. Sie sagt aber zu, dass diese Zahl nicht überschritten wird. Mindestens 60 Prozent der Einwohner sollen Familien mit mindestens einem Kind sein. Ein Bebauungsplanverfahren soll rasch durchgeführt werden, sodass 2017/2018 ein Drittel der Wohnungen dem normalen Wohnungsmarkt – beispielsweise für Auszubildende und Studenten – zur Verfügung steht. Die Zahl der Flüchtlinge soll bis 2019 auf rund 1100 sinken. Da durch den Wohnungsbau wertvoller Naturraum verloren geht, wird die Siedlung besonders unter dem Gesichtspunkt der Klimaneutralität errichtet.

Eppendorf: An der Osterfeldstraße war ursprünglich der Bau von 480 Wohnungen für 2500 Flüchtlinge geplant. Weil keine Einigung mit dem Investor zustande kam, wurden die Pläne zu den Akten gelegt. Allerdings sollen auf dem Gelände Wohnungen entstehen, in die dann auch Flüchtlinge einziehen könnten. Zudem werden weiter Flächen für die Flüchtlingsunterbringung gesucht.

Hummelsbüttel/Rehagen: Trotz der intensiven Gespräche ist man hier zu keiner Verständigung gekommen. Der Grund: Die Anwohner lehnen grundsätzlich die von der Stadt geplante dauerhafte Bebauung des Landschaftsschutz­gebietes „Hummelsbütteler Feldmark“ ab. So habe die Stadt auch den Vorschlag, die Feldmark lediglich „temporär“ zu bebauen, ebenso alternative Flächenvorschläge nicht akzeptiert, erklärte die Bürgerinitiative. Die Stadt hat eine politische Selbstverpflichtung abgegeben, wonach am Standort Rehagen 182 Wohnungen für zunächst 600 Flüchtlinge und weitere 182 frei finanzierte Wohnungen errichtet werden sollen. Bis Ende 2019 soll die Zahl der Flüchtlingsplätze auf 300 reduziert werden.