Kiel/Kopenhagen. Schleswig-Holstein bezahlt rund 200 Flüchtlingen die Fähre von Kiel nach Schweden

Dänemark schottet sich weiterhin ab. Trotz internationaler Kritik an der am Mittwoch erfolgten Schließung der deutsch-dänischen Grenze wurden die Beschränkungen im Bahnverkehr auch am Donnerstag weitgehend aufrecht erhalten. Auf der Vogelfluglinie ist nach wie vor in beide Richtungen kein Durchkommen. Die Fähren, die zwischen Puttgarden (Fehmarn) und Rødby verkehren, transportierten keine Züge. Auch die beiden auf der Festlandroute zwischen Hamburg und Aarhus waren unterbrochen. Immerhin verkehrten zwischen Flensburg und Padborg wieder Regionalverkehrszüge.

Der brachiale Versuch Dänemarks, den Zustrom von Flüchtlingen zu drosseln, stieß zunächst besonders im Nachbarland Schleswig-Holstein auf Sprachlosigkeit. Viele Politiker waren darauf bedacht, die traditionell guten Beziehungen zum Königreich nicht zu belasten. Immerhin ist der SSW, die Partei der dänischen Minderheit, seit 2012 Teil der Kieler Regierungskoalition. Hinter den Kulissen wurde allerdings eifrig an einer Entspannung der Situation gearbeitet. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) sprach mit Friis Arne Petersen, dem dänischen Botschafter in Berlin. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) soll aktiv geworden sein. Am Donnerstag zeigte sich: Die Dänen setzen die Politik der Abschottung zunächst fast ungebremst fort.

Danach war Schluss mit dem Stillschweigen. Die klarsten Worte fand Lars Harms, SSW-Fraktionschef im Kieler Landtag. In Dänemark herrsche das „reinste Chaos“, sagte er. „Für uns vom SSW ist es ein ganz hohes Gut, dass die Grenzen offen bleiben. Die Abschottung, die jetzt betrieben wird, schadet Dänemark.“ Harms erinnerte daran, dass auch Geschäftsreisende und Urlauber, Dänen wie Deutsche, und viele andere von den Einschränkungen betroffen seien. „Irgendwo hört es auf. Ich hoffe wirklich, dass die Grenzen möglichst schnell wieder ganz geöffnet werden. Je eher, desto besser!“ Die dänischen Medien, so berichtet Harms, hätten die Kritik aus Deutschland mit Verwunderung zur Kenntnis genommen. „Die Dänen können nicht verstehen, wie menschlich sich die Deutschen auf einmal verhalten“, sagte er. Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) hielt sich mit Kritik an der rechtsliberalen Kopenhagener Minderheitsregierung von Lars Lokke Rasmussen zurück. „Flüchtlingshilfe muss in ganz Europa stattfinden“, sagte Albig. Der FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki sagte, es sei „inakzeptabel, dass durch das Verhalten Dänemarks der Eindruck entsteht, als würden die Grenzen zu Dänemark geschlossen“. Der CDU-Fraktionschef Daniel Günther forderte, das Asylrecht einzuhalten. Es gebe für Flüchtlinge „keinen Anspruch auf die Aufnahme in einem Wahlland“.

Am Abend erfüllten sich dennoch solche Wünsche. Die Landespolizei brachte rund 200 Flüchtlinge aus ihrer Boostedter Unterkunft nach Kiel. Dort bestiegen sie die Fähre nach Schweden, ihrem Wahlland. Die Tickets bezahlte das Land Schleswig-Holstein.