Die Bergsteiger würden im Notfall besser versorgt als die Einheimischen in den Dörfern

Der Bergsteiger Reinhold Messner hat davor gewarnt, dass nach dem Erdbeben in Nepal das Schicksal der Bergsteiger am Himalaja die Not der Bevölkerung vor Ort in den Hintergrund drängen könnte. In erster Linie müsse den Menschen in der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu geholfen werden, sagte der 70-Jährige. Allein dort gebe es Tausende Tote.

Messner nannte es „zynisch, dass man um die Bergsteiger am Mount Everest, die sich für 80.000 bis 100.000 Dollar diese Besteigung kaufen können, einen solchen Hype macht“. Er betonte, dass die Bergsteiger natürlich auch Hilfe benötigten, allerdings nicht in erster Linie. Am Mount Everest gebe es genügend Ärzte und Essen. Außerdem könnten Betroffene ausgeflogen werden. Die größeren Probleme gebe es am Fuße des Himalajas: „Im Kathmandutal und in den Schluchten drumherum ist eine viel größer Katastrophe passiert.“

Rettungshubschrauber begannen am Montag, mehr als 150 Kletterer aus höheren Lagen am Mount Everest zu befreien, deren Abstiegsroute von Schnee blockiert wurde. Zuvor waren bereits zahlreiche Verletzte aus dem Basislager ausgeflogen worden. Das Erdbeben hatte eine Lawine ausgelöst, die einen Teil des Basislagers verschüttete. Mindestens 18 Menschen wurden getötet. Zum Beginn der Klettersaison befanden sich örtlichen Schätzungen zufolge rund 800 Menschen am höchsten Berg der Welt, darunter viele Ausländer.

Die Lage am Mount Everest ist derzeit noch unklar, da die Kommunikation zusammenbrach. Der Chef der Tourismusbehörde, Tulsi Gautam, sagte, möglicherweise könnten die Bergtouren in diesem Jahr nicht fortgeführt werden.

Auch der Extrembergsteiger und Mount-Everest-Kenner Peter Habeler hat gefordert, der Rettung der Ärmsten Priorität einzuräumen. Viele einfache Nepalesen befänden sich in einer weit schlimmeren Notlage als die im Himalaja festsitzenden Bergsteiger, sagte der 72-jährige Österreicher. „Diese Leute am Mount Everest zahlen viel Geld, haben alle eine Versicherung, und logischerweise werden Hubschrauber sie ausfliegen“, sagte Habeler. „Die Agenturen, die diese Hubschrauberflüge betreiben, wissen, dass sie dafür Geld bekommen. Und sie wissen auch, dass sie nichts bekommen, wenn sie irgendwo einfache Nepalesen ausfliegen, weil die Regierung kein Geld dafür hat.“

Auch zwei Tage nach der Kata­strophe kämpften Rettungsteams damit, Bergdörfer vor allem im Bezirk Gorkha zu erreichen, wo das Epizen­trum des Bebens lokalisiert worden war.